
Ein Erfahrungsbericht eines ungewöhnlichen Weges. Da dies kein Roman ist, sondern eine wahre Geschichte, die die Autorin erlebt hat, erfährt man auf kluge und unterhaltsame Weise ganz viel über Japan. Der Titel verrät, welchen Weg Anna Sanner zufällig eingeschlagen hatte und nun, Jahre später, davon in ihrem Buch erzählt. Die Autorin liebt Japan und war als Englischlehrerin in einer Sprachschule in Osaka tätig. Die dortige Arbeit erfüllte sie nicht und in Iga las sie eine Anzeige, die ihr Leben verändern würde. Die Stadt Iga in der Präfektur Mie gilt als Heimatstadt der sagenumwobenen Schattenkrieger Japans.
Anna Sanner ist sprachbegeistert und neugierig auf die Welt und die verschiedenen Kulturen. Sie wuchs in Hannover auf und entdeckte das Zen und später die Kampfkunst. Sie besitzt den schwarzen Gürtel in Karate und seit ihrer Kindheit fühlt sie sich zu Japan hingezogen. In Iga verbinden sich zwei Wege, die ihren Weg beschreiben. Neben den Ninjas war die Stadt der Geburtsort von Matsuo Basho, dem Poeten, der durch die japanische Haiku-Dichtung weltweit bekannt geworden ist. Somit betritt Anna Sanner in Iga einen Doppelweg der Schreib- und Kampfkunst, dem sie bis heute folgt.
Mit Freunden besucht sie an einem freien Tag die Ninja-Stadt und im Museum über die Schattenkrieger schaut sie sich eine Show an. Ninjas sind besonders ausgebildete Kämpfer, die eine andere Ausbildung als die Samurais erfahren. In dem Ninja-Dorf leben ausgebildete Ninjas, die aber lediglich als Show-Kämpfer tätig sind und für Filmproduktionen (z.B. „Der letzte Samurai“) angefragt werden. Das heutige Bild der Ninjas ist diesem Showgeschäft entsprungen. Früher waren sie nicht als solche zu erkennen. Sie agierten unerkannt und meist als einfache Bauern getarnt. Bei dem Museumsbesuch sieht Anna einen Aushang: „Ninja gesucht“. Für sie ein Wink des Schicksals und sie bewirbt sich für die Ausbildung. Da sie viele Sprachen spricht und in Karate ausgebildet ist, nimmt sie der Meister an. Als Frau und dann auch noch als Gaijin (nicht Japaner) betritt sie eine Welt voller Verhaltenskodexe, Regeln und erkennt, dass, je tiefer sie eintaucht, das Ziel immer nebeliger wird und der Weg dorthin sehr verschlungen verläuft. Anna Sanner geht den Weg einer Kunoichi, so heißen weibliche Ninjas. Begleitet wird sie von ihrem Meister, seinen Söhnen und den anderen Bewohnern des Ninja-Dorfes. Sie beginnt die Ausbildung mit Putzen, besonders Fegen, dem Kartenverkauf und Publikumsbegrüßung. Nebenbei beobachtet sie die Schattenkämpfer und übt deren Abläufe, Bewegungen und zweifelt an ihren Fähigkeiten. Mal wird sie vom Meister gelobt, oft aber auch getadelt. Sie muss lernen, für sich einzustehen, die Lehreinheiten einzufordern und nicht zu sehr an sich zu zweifeln. Doch ist es ihr Weg? Kann Sie eine Kunoichi werden? Erreicht sie das Ziel ihrer Träume?
Mit ihr tauchen wir ein in das Herz des Landes, der Menschen und den althergebrachten Traditionen. Ein spannender und lehrreicher Bericht einer ungewöhnlichen Reise. Die verschlungenen Pfade der kulturellen Ausbildung und die Herzenssehnsucht können durch den ehrlichen und humorvollen Text gut nachempfunden werden. Als Leser taucht man durch das gut zu lesende Buch ein in die althergebrachte und die moderne Seele Japans. Das Abenteuer wird ergänzt durch genaue Beobachtungen und einer Fülle an Wissen über Kultur, Philosophie und durch ganz viel Menschlichkeit. Eine lohnenswerte Lesereise.
Zum Buch in unserem Onlineshop
Weitere Lesetipps von mir und tolle Gäste auf YouTube: Leseschatz-TV
Pingback: Lyrik Liebe | leseschatz
Pingback: Anna Sanner: „Wie man in Japan Go-go-Girl wird“ | leseschatz