
Wir haben in unserer Entwicklung die Realität immer weiter entzaubert. Durch die Bücher von Matthias Hübener wird das Leben wieder etwas magischer. Seine Werke machen neugierig auf die Welt. Nach „Vom Libellenflug“ lädt uns Matthias Hübener erneut ein, ein literarisches und globales Abenteuer zu erleben. In „Die indische Kugel“ geht er einen Schritt weiter und der Einstieg ist ein unheimlicher. Doch versteht es der Autor immer wieder, das Gute im Menschen und in seiner persönlichen Geschichte freizulegen. Eine Kugel, die raum- und zeitlos ist und in uns etwas erweckt, ist der Grundstein der vorliegenden Gedankenwelt. Das Böse ist am Anfang nur ein Gedanke. Dieser Gedanke verführt, rollt wie eine Kugel in jeden Winkel und entfacht dadurch zuweilen Böses, wenn wir es nicht anders zu betrachten lernen.
Es ist eine spannende Geschwistergeschichte, die in New York beginnt. Es kommt zu Unglücksfällen, die bei einem Architekten ihren Anfang nehmen. Er befindet sich in einem verlogenen Telefongespräch mit seiner Ehefrau, als ihm eine kleine Kugel begegnet. Kurz darauf gerät er in einen tödlichen Unfall und ein Müllmann findet auf der Straße jene Kugel, die durch einen weiteren Unglücksfall zu einem Arzt gelangt, der sie in seine Arbeitskleidung, die er zur Wäscherei bringt. Somit wandert diese Kugel und übt auf alle eine enorme Faszination aus. Allen, die mit der Kugel in Berührung geraten, stößt etwas zu. Die Ermittlungen, die für die Polizei unzusammenhängend wirken, verlaufen im Sande.
Paul und Lynn sind Geschwister und geraten in den Strudel der Ereignisse. Sie sind die Kinder eines der Opfer und ziehen zu ihrem Onkel, einem begnadeten Schachspieler aus England. Er ist ein gelehrter Mensch, der seine Geheimnisse zu haben scheint und sich sehr in der Philosophie, besonders der indischen Weltsicht auskennt. Er ist jemand, der etwas zu bewahren scheint. Als Lynn und Paul erwachsen sind, ereignet sich erneut ein tragischer Wendepunkt in ihrem Leben, der ebenfalls etwas mit der funkelnden Kugel, die durch die Welt rollt und eventuell die Gedanken beeinflussen kann, zu tun hat. Sie geraten in eine spannende, gefährliche und abwechslungsreiche Geschichte.
Dies sind Abenteuerwelten, die voller Momente sind, die tiefgründige Gedanken zulassen und dabei enorm zu unterhalten wissen. Das vorangestellte Motto des Buches und die Handlung spielen auf das menschliche Dilemma hin. Das Gute und das Böse sind zwei Gedankenkonstrukte, die wir alle in uns tragen. Die Geschwister als polarisierendes Bild, die vereint sind und doch sinnbildlich eine andere menschliche Natur verkörpern. Gleich Yin und Yang, das als ein Ganzes von zwei Energien beeinflusst wird. Dabei spielt im Roman das Konzept des gewaltfreien Denkens aus der indischen Philosophie eine enorme Rolle. Auch beim Schach, dem Lieblingsspiel des Onkels, geht es um den geschickten Kampf zwischen Hell und Dunkel. Die Züge, die in der Partie gezogen werden, können innerhalb des Spiels nie Böse sein. Die Handlung erstreckt sich von New York, England, Schottland und Indien zu den magischen Orten, die auch in uns ankern. Die Kugel, die sich ausdehnen kann wie unsere Emotionen, ist nur eine Projektionsfläche unserer eigenen Empfindungen, seien diese gut oder böse.
Die Gedankenspiele von Matthias Hübener verbinden Welten und ihre Kulturen und sind geeignet für alle Menschen, die das Umfeld mit magischen Augen sehen wollen. Bücher, die man bereits als junger Erwachsener erfassen kann, denn es drängt sich der Vergleich mit Jostein Gaarder auf.
Diese Besprechung wurde vorerst im Bücher Magazin abgedruckt.
Matthias Hübener liest bei uns in der Buchhandlung. Siehe bei unseren Veranstaltungen.