
„Liste der gebliebenen Dinge“ ist ein sinnliches Spracherlebnis und spielt mit den Elementen und Genres. Ein Roman als Kunstwerk. Ein Stillleben zeigt reglose Gegenstände in der Fixierung, die einst lebten und weiterhin durch den Lebensprozess gehen werden. Kunst ist Leben und möchte durch die Darstellung der Endlichkeit einen für immer bleibenden Moment erzeugen. Im Wandel der Zeit finden die Figuren im Leben und in der Kunst keinen Halt. Was hat im Leben Beständigkeit? Was bleibt und was geht verloren?
Ein Roman der voller Stimmungen, Märchen und Naturbeobachtungen ist. Im Mittelpunkt steht ein Liebespaar, Kato und Mirren. Beide betreiben Kunst und erschaffen Welten. Die eine nebenbei, die andere im größeren Stil. Aus einer großen Stadt ziehen sie in eine kleine Ortschaft und dann für einige Wochen in ein natürliches Refugium. Immer in Wassernähe. Ein Fluss, ein Kanal oder ein Bach. Doch verschwindet auch einfach ein See. Somit durchstreift Katrin Schumacher die Welt der Literatur. Goethe und Ende könnten erwähnt werden. die Anspielungen sind nicht aufgesetzt sondern werden durch die Handlung und die vermischten Stilmittel erzeugt. Es ist der Debütroman von Katrin Schumacher, doch ist sie in der Literaturszene keine Unbekannte. Somit ist dieser poetische Raum, den sie mit „Liste der gebliebenen Dinge“ erzeugt, keine große Überraschung. Sie hat auch bereits in der Buchreihe „Naturkunden“ ein Portrait über Füchse geschrieben. Diese magischen Tiere tauchen somit natürlich auch im Debüt auf. Denn dort, wo ein Fuchs erscheint, verändern sich die Spielregeln.
Wenn wir uns erinnern möchten, uns einen Plan über das Vergangene machen oder versuchen, das Gegenwärtige oder Kommende zu organisieren, legen wir Listen an. Doch welche Listen werden später Bedeutung haben? Diese Frage stellt sich Mirren, die, während sie erzählt, sich erinnert, und das Damalige geistig aufleben lässt. Ständig fragt sie nach Kato. Beide haben sich kennen und lieben gelernt. Mirren malt aus Leidenschaft, aber nicht aus beruflicher Intention. Kato erzeugt genussvolle Kunst. Sie kocht und drapiert üppige Stillleben bedeutender Künstler nach, damit ihr Publikum, ihre Gäste, das Kunstwerk erfassen, schmecken und räumlich erleben können. Gemüse und Früchte werden dadurch zu sinnlicher Kunst. Doch ist diese vergänglich. Sie verändern ihren Lebensraum durch Umzug. In ihrer Bude, ein hüttenartiges Provisorium in der idyllischen Natur, finden sie Unterschlupf. Doch hat diese Bude ungeahnte Lücken im Boden und Befremdliches übernimmt den Lebensraum. Tierfabeln und Märchen werden durch die Erzählungen von Kato in dieser Kulisse und jeweiligen Kapitelszenerie lebendig. Auch andere Figuren und Widersacher treten auf. Alles ist in diesem Roman im Wandel. Das Wachsen, Beobachten und Wirken lassen sind hierbei der Antrieb.
Kunst als Leben und als Lebensunterhalt sind die Spielfelder für das Bild unserer unhaltbaren Welt. Mit einer wunderschönen Sprache, die sinnlich und poetisch ist, erzeugt Katrin Schumacher eine Faszination, die sie, wie die Spannung, bis zum Ende aufrechterhält. Ein Gemälde ganz aus Worten, das nicht den Moment erstarren lässt, sondern mit Leben füllt.
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