Eine Geschichte der Kulinarik

„Wer die Freiheit kosten will, sollte sie sich nicht nur um die Nase wehen, sondern auch auf der Zunge zergehen lassen“ (Ute Cohen)
Die Behauptung, etwas schlägt uns auf den Magen oder sofern wir nicht verkopft reagieren wollen, dass wir aus dem Bauch entscheiden, sind Wegweiser unserer geschmackvollen Weltsicht. Sofern wir die Sinne aktivieren und anregen, können auch Ideen wachsen. Wir behaupten ferner, sofern wir jemanden mögen, wir können ihn gut riechen. Somit sind viele unserer Welteindrücke mit den Sinnen verbunden. Jeder hat kulinarische Erinnerungen, die oft in der Kindheit wurzeln, die ein Gespür für Freiheit in sich tragen. Um es persönlich einzufangen: ich habe einen besten Freund, der damals ins Internat ging und somit sahen wir uns lediglich in den Ferien. Eines unserer Highlights war an einer Busendstation am Kiosk ein Heavy Metal Magazin und jeweils eine Dose Bier zu kaufen. Da wir Schüler waren, hatte dies etwas leicht Verbotenes, Anrüchiges und wir erlebten es als absolute Freiheit. Seitdem ist Dosenbier und Heavy Metal mein Freiheitsbegriff. Das Dosenbier ist wahrlich nicht die höchste Kulinarik, aber dies beschreibt das Jugenderlebnis, das Ute Cohen wohl mit ihrem Titel andeuten möchte. Denn Ute Cohen geht viel weiter. Sie umspannt die Geschichte der Kulinarik. Dabei wird sie philosophisch, sinnlich und persönlich. Jedes Kapitel ist ein Gaumenschmaus und kann einzeln inhaliert werden oder als Gesamtkunstwerk, als mehrgängiges Menü. Durch die Historie und Ute Cohens persönlichen Werdegang steht vieles in dem Buch mit Frankreich in Bezug, doch geht sie auch hier viel weiter und beweist immer wieder, dass die Freiheit durch den Magen geht.
Die Gastronomie, wie wir sie heute begreifen, entsprang der Französischen Revolution und gerade „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ ist in der Schankwirtschaft vereint. In der Auswahl und Freiheit frei ein Gericht zu wählen. Gleichgesinnt am Tisch zu sitzen und brüderlich vereint den Moment zu feiern.
Die Kapitel erzeugen Lust und sind eine Tafel voller Wissen. Ute Cohen erzeugt eine Neugier und holt uns alle ab und lädt uns ein, Platz zu nehmen und einfach zu genießen.
Das Buch schaut in historische Kochtöpfe und folgt den Weg der Speisekarten bis in die Gegenwart. Ein verführerisches und süffiges Buch. Dr. Ute Cohen lebt als Schriftstellerin und Journalistin in Berlin.
Nicht verpassen: Montag, 30. September 2024. 19:00 Uhr Lesung mit Ute Cohen in der Buchhandlung Almut Schmidt. Hauke Harder spricht mit Ute Cohen, die aus ihrem Buch »Der Geschmack der Freiheit« liest.
