Katniss Hsiao: „Das Parfüm des Todes“

Ein packender und ungewöhnlicher Thriller aus Taiwan. Eine Frau, die für eine Reinigungsfirma arbeitet, die sich auf das Reinigen bei Fundleichen und als Tatortreinigung spezialisiert hat, gerät unfreiwillig in den Verdacht eines Mordfalls.

In frühen Jahren hat Yang Ning viel mit ihrem Bruder unternommen. Dieser war versessen auf das Leben an und im Meer. Doch dann stirbt ihr Bruder und mit ihm ihre spezielle Begabung. Durch einen Schock oder ein Trauma hat sie ihren sehr ausgeprägten Geruchssinn verloren. Der Geruch ist etwas ganz besonderes, denn mit diesen Sinnen verbinden wir unbewusst viele Eindrücke und Erinnerungen. Der Geruch geht tiefer als es jeder Blickfang vermag. Yang Ning arbeitet bei der Tatortreinigung, weil sie ihren verlorenen Geruchssinn zumindest zeitweise in der Nähe vom Geruch des Todes wiederherstellen kann. Daher arbeitet sie auch gerne allein. Dies ahnen ihre Kollegen, die wissen, dass mit ihr etwas nicht stimmt, denn sie erkennt nicht mehr die verdorbene Ware und trinkt auch mal vergorene Milch.

Sie wird zu einem Auftrag gerufen, der, laut Auftraggeber, zügig ausgeführt werden soll. Sie soll eine Wohnung säubern und merkt zu spät, dass sie in eine Falle gegangen ist. Ihre Firma wird eigentlich erst gerufen, wenn die Polizei die Spurensuche beendet hat und die Leiche entfernt wurde. Die Wohnung, die sie reinigt, ist ein Tatort und hier ist ein Mord geschehen. Sie hat also die Spuren beseitigt und gilt fortan als Hauptverdächtige.

Sie macht sich nun selbst auf die Suche nach dem Mörder. Sie hat eine Spur, eine Geruchsspur, denn der Mörder hat einen besonderen Parfumduft getragen. Um den Täter zu fassen, muss sie ihn immer besser verstehen und holt sich Hilfe bei einem Serienmörder. Sie möchte das Innenleben eines psychopathischen Geistes begreifen. Dies erklärt auch den eigentlichen Titel des Werkes: Bevor wir Monster wurden.

Dieser Roman ist eigensinnig und doch verneigt er sich bewusst oder unbewusst vor anderen Romanen. „Das Parfum“ von Süskind oder „Das Schweigen der Lämmer“ von Harris werden bereits auf dem Buch genannt. Die Anfangssequenz erinnert ferner an den großartigen Roman „Oben Erde, unten Himmel“ von Flašar. Ein Krimi, der mit Gerüchen und Ekel auf fast schon literarische Weise arbeitet und somit den Bezug zur Psyche und Empathie herstellt. Ein monströses Werk, das spannend und klug ist. Dieses Buch ist auch besonders, weil es die Weltsicht erweitert. Denn Taiwan und besonders die Millionenstadt Taipeh als Ballungszentrum der Ereignisse werden spürbar erfahrbar. Aus dem taiwanischen Chinesisch von Karin Betz übersetzt. Ferner dürfen wir erneut Thomas Wörtche als Herausgeber dankbar sein, der als Krimi-Pate stets solche ungewöhnlichen Titel entdeckt.

Zum Buch in unserem Onlineshop

Weitere Lesetipps von mir und tolle Gäste auf YouTube: Leseschatz-TV

Hinterlasse einen Kommentar

Eingeordnet unter Erlesenes

Hinterlasse einen Kommentar