
Ein zynischer Roman, der bereits durch den Namen auf die Einlagerung von Kalk anspielt, die eine persönliche oder eine gesellschaftliche Funktionsunfähigkeit zeigt. Kalk, so der brüchige Held der Geschichte, der in einer Auszeit zum Retter wird und dann wiederum alles verspielt.
Kalk ist Mitte fünfzig. Sein Alltagsleben ist bieder, gewissenhaft und einfach. Seine Frau hat ihn verlassen und er hat sich mit der Einsamkeit angefreundet. Er arbeitet in einem Elektrofachgeschäft und die Tätigkeit ist gut, aber nicht erfüllend. Sie ist ein Mittel zum Zweck. Sein Leben wirkt fast lethargisch. Seine Gedanken kreisen um sich selbst und um eine mögliche Wahrnehmung seiner Person und Handlung im Umfeld. Gerade beim Einkauf denkt er weniger an seine Wünsche als auf die Wirkung, die die Produkte im Einkaufswagen bei den anderen Kunden, den Produkten selbst und beim Kassiervorgang erzeugen. Mit einem Bekannten trifft er sich regelmäßig zum Sport. Doch plagen ihn dabei die Gefühlsausbrüche oder Informationsfluten, die ihm sein Gegenüber zumutet. Er will doch lediglich Sport machen.
Sein Urlaub naht und er könnte sich eine Fernreise leisten, will das aber nicht. Einfach durchatmen und die Seele baumeln lassen. Das Reiseziel soll auch nicht zu weit vom Wohnort entfernt sein, aber doch eine Distanz erzeugen. Früher, als er noch mit seinen Eltern verreiste, war stets ein Küstenort in den Niederlanden das Ziel. Hier möchte er wieder hin. Wohl aus sentimentalen Gründen. Aber möchte er sich auch etwas beweisen, denn seine Eltern hatten wenig Geld und sie verbrachten den damaligen Urlaub auf dem dortigen Campingplatz in einem Zelt. Die Mutter schaute dabei stets wehmütig auf das anliegende Hotel, das Kalk sich nun einfach gönnt. Er hat es ja zu etwas gebracht. Doch was ist es, was er ist, so unscheinbar wie er und sein Leben wirkt. Er flirtet leicht alkoholgeschwängert mit der Kellnerin am ersten Abend und merkt bereits in sich etwas wachsen, das sich gänzlich erhebt, als er am kommenden Tag ein Kind rettet. Ein Vater versorgte gerade die Tochter, die eine Feuerquallen-Verletzung hatte und übersah seinen Sohn, der durch den Meeressog in einer Zone, in der das Schwimmen eigentlich verboten ist, droht, weggerissen zu werden. Kalk denkt nicht lange nach und wird zum Held.
Kalk erfindet sich im Urlaub neu und verliert sich dabei. Sein Ego steigert sich mit den Möglichkeiten nur kommt leider der wahre Kalk dabei nicht ganz mit. Seine Vergangenheit, sein Wesen und eine Schuld lassen ihn bei seiner erhofften Metamorphose nicht los und er erkennt, dass dabei kein Aperol Spritz helfen kann.
Mit Wortwitz und genauester Menschenbeobachtung, die nicht immer sehr vorteilhaft ist, wird dieser Roman zu einem Spaß. Eine Gesellschaftsstudie, die böse und witzig ist.
Zum Buch in unserem Onlineshop
Weitere Lesetipps von mir und tolle Gäste auf YouTube: Leseschatz-TV