
Das Goethe-Zitat: „Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“ trifft wohl auch auf Frank Schäfer zu. Frank Schäfer ist Autor, Journalist und Musik-Kritiker. Er schreibt u.a. für unterschiedliche Musikmagazine mit dem Schwerpunkt Hardrock und Metal. Gerade diese Musikstile haben einen langen Weg der Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft hinter sich, dabei wollen diese Kunstrichtungen gerade dem Konventionellen entkommen. Diese hörbare Kunst spielt mit emotionaler Tragweite und viele der Interpreten bedienen sich der Literatur. Dies wird und wurde oft übersehen. Wohl nicht von Frank Schäfer, der das Progressive in der Musik und in der Literatur sucht. Denn zwei seiner Neuerscheinungen können nicht anders sein und doch ergeben sie ein ganzes Bild. Seine Werke sind bodenständig und wenn wir neuerdings stets von Gebrauchslyrik lesen, kann dieser Begriff gut auf die vorliegenden Bücher umgesetzt werden. Sie sind Gebrauchsliteratur, die uns Mut macht, unterhält und mit ehrlicher ironischer und tiefgründiger Sprache verfasst ist.
Der Roman „Zu früh“ basiert auf den Tagebüchern und Gedanken von Frank Schäfer. Im Sommer 2003 verbrachten er und seine Frau acht Wochen in einer Klinik in der Frühchenstation. Nüchterne Zahlen sind anfänglich sehr wichtig, denn Kinder, die in der dreißigsten Woche geboren werden, kommen mittlerweile sicher durch. Doch sind es Tage der Angst und der Hoffnung. Die Familie erlebt Momente voller Schmerz, Mut und Trost. Sie verfallen der Klinikroutine und erschaffen sich innerhalb der Station ein Refugium, das sie der äußeren Welt gänzlich entbindet. Über die Eltern legt sich ein Schutzzauber, denn wenn das Paar solchen Ängsten ausgesetzt ist, keimt ein Hoffnungsglaube auf, der Stärke schenkt. Dieser wird belohnt, als das Kind selbstständig atmet und immer kräftiger wird. Irgendwann sogar vor dem damals errechneten Geburtstermin anfängt zu lachen. Ein mutmachender, schöner Roman, voller Leben und Liebe. Die Emotion, die Frank Schäfer erlebte wird spürbar und doch war die zeitliche und sprachliche Distanz wohl nötig. Denn trotz der Gefühlsausbrüche ist das Werk stets durch seinen Humor geprägt. Seine Gefühlsseligkeit dieser Tage hat, wie er selbst beweist, seine damaligen Plattenkritiken leicht eingefärbt. Hiermit kommen wir zum zweiten Buch.
Frank Schäfer hat gefühlt die ganze Geschichte des Heavy Metal miterlebt. Er ist ein beruflicher Hörer, Kritiker, der, wie oben gezeigt, voller Emotionalität ist. Auch sein Musikverständnis weiß er stets in Worte zu kleiden und mit seinem ironischen Witz zu würzen. Er hat ein Fundus an Erlebnissen und Anekdoten, die sich um Platten, Konzerte und Interviews drehen. Somit tauchen wir mit „Nötes of a Dirty Old Fan“ in die Geschichte des brachialen Klangs ein. Der dann doch, wie der Autor selbst auch, mehr Tiefgang mitschwingen lässt, als der erste Blick oder der erste Klang der nicht Metalheads oder Headbanger vermuten lässt. Er schaut auf die ganze Geschichte, streift Ozzy, Deep Purple und immer wieder Lemmy. Dabei schaut er auf die großen Namen, die das Genre prägten, aber auch auf die feinen kleinen Perlen, die nur die kleinen Clubs bespielen. Somit geht die Reise auch vom über alle Grenzen hinaus gefeierten Wacken-Festival bis hin zu einem schlecht besuchten Konzert in einem Hinterhof in Berlin. Diese Metal Stories machen Spaß und unterhalten. Sie bringen zwar nicht viel Neues für den eingefleischten Fan, aber durch den Schäfer-Sound öffnen sich dennoch andere Pforten (nicht nur in die Unterwelt).
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