Salome Benidze: „Die Stadt auf dem Wasser“

Leseschätze finden auch etwas verspätet ihren Weg. Um Wege geht es ebenfalls in dieser Lektüre. Dass Sinnbild ist Wasser, das durch das Gewässer irgendwann zusammenfließt. „Die Stadt auf dem Wasser“ von Salome Benidze ist eine Entdeckung aus dem Georgischen, die von Iunona Guruli übersetzt wurde. Es ist ein traumhaftes Kunstwerk, das Inhalt mit Gestaltung passend in Einklang bringt. Die Broschur ist durchgängig illustriert von Tatia Nadareischwili. Alle drei Frauen, Autorin, Illustratorin und Übersetzerin, stammen aus Georgien.

Die Geschichten beginnen mit einem Traum. Es ist ein Traum, der immer wiederkommt und Leben und Tod, Wasser und Land verbindet. Es vereinen sich die Dürre mit der Feuchtigkeit und der Mensch mit der Natur. Wie in einem Traum üblich, gibt es keine wahren Begrenzungen. Was dann folgt sind Erzählungen von Frauen. Sieben Kapitel, sieben Frauen, die wie Suchende durch das Leben, die Illusionen wandeln. In den Geschichten verwebt sich Realistisches mit Phantastischem und märchenhaft umspannt sich die Handlung um das Leben, die Liebe und die Auslöschung. Poetisch baut sich die Sinnsuche auf und am Ende fließt alles zusammen. Es taucht ein Gesang über silberglänzende Fische auf, in die sich Menschen verwandeln, wenn sie gen Himmel steigen. Immer wieder riechen wir Mandeln und Orangen. Wunderbare Backwaren und Getränke werden kreiert, die genossen werden oder unverstanden bleiben. Sinnlich und bildreich sind diese Erzählungen von Frauen, die die Liebe suchen. Eine auf dem Meer Ausgesetzte, die gerettet wird und in der Stadt auf dem Wasser fremdelt. Ängste und Wünsche erklingen. Hoffnungen, die Visionen werden. Alles verflüssigt sich, verschwimmt und verfestigt sich dabei doch. Aus den Untiefen und den höchsten Höhen stürzt hier alles ineinander und fließt am Ende auf magische Weise zusammen. Sinnbild bleibt das Meer, das uns Menschen verbindet, trennt und am Leben hält.

Sieben Frauen und sieben Episoden, die kräftige Bilder erzeugen. Es geht um den Wunsch nach Freiheit. Der Weg ist geprägt durch Leidenschaft und Gewalt. Die Bilder und die Handlung verzaubern. Traumhaft und fließend ist die Sprache, die voller Feingefühl und Poesie ist. Die erzeugten und gemalten Bilder bleiben lange in uns haften. Es ist wie ein Erwachen aus einem Traum, der sich nicht gänzlich in der Erinnerung auflöst, sondern Spuren in den Alltag streut.  

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