
Matthias Wittekindt schreibt Kriminalromane, die sehr still wirken, aber stets ganz genau hinsehen und gerade dadurch eine vielschichtige Handlung aufbauen. Die erwähnte Stille, bedeutet aber nicht, dass es sich bei den Werken um Cosy-Crime handelt. Weit gefehlt. Die Krimis behandeln stets Gesellschaftliches und sind mit einem großartigen Personal bestückt. Somit sind diese Krimis wunderbar geeignet, um in eine stimmungsvolle Handlung abzutauchen und richtig gut unterhalten zu werden.
Das aktuelle Buch „Hinterm Deich“ ist der fünfte Band um den pensionierten Kommissar Manz. Es sind die Erinnerungen des Kriminaldirektors a.D. Manz. Er erinnerte sich bereits an die Jahre 1990, 1978, 1961 und 1984. Jetzt wandern seine Gedanken an die Küste und in das Jahr 1964, als er noch Polizeianwärter war. Dies ist der Clou der Romane, das Erinnern. Denn können wir diesen Erinnerungen stets trauen? Vermischt sich Erlebtes mit Erdachtem? Der Lesespaß wird gerade dadurch gefördert, dass die Handlung springt zwischen den Zeitebenen. Denen des gealterten und denen des jungen Mannes, der sein Praktikum in dem Dörfchen Sandsiel absolviert. Das Erinnern an die Vergangenheit geht einher mit den jetzigen Gedanken aus der Gegenwart.
In der Gegenwart hat Manz Freunde eingeladen und erhält dann einen Anruf, der ihm Sorgen bereitet. Seiner Mutter geht es nicht gut. Die ganze Familie plant eine Fahrt zu der Mutter und auf dem Parkplatz eines Baumarktes und bei Feierlichkeiten beginnen die Erinnerungen an sein neunzehnjähriges Selbst.
Während der Ausbildung soll er praktische Erfahrungen machen. Er lässt sich in die Dienststelle in dem abgelegenen Dorf an der Nordseeküste versetzen. Während die anderen Polizeianwärter die großen Städte bevorzugen, geht er ausgerechnet an die Küste. Er hatte in der Disko ein Mädchen kennengelernt und will zu dieser hin. Doch ist diese nicht sehr begeistert. Der junge Mann ist aber nicht lange betroffen und das Liebesleben entwickelt sich nicht nur im Kopf. Somit sind seine Schwärmereien ein beständiger Begleiter, als er mit dem Damenrad der Vermieterin die Ortschaft erkundet. Große Ereignisse passieren nicht im Dorf. Doch dann kommt es zu einem schweren und tödlichen Verkehrsunfall. Manz soll Erkundigungen einholen und stößt auf diverse Geschichten. Gerüchte und Wahrheiten buhlen umeinander. Die Aufklärungsarbeit öffnet das ganze Dorfleben. Berichte über Pestizide, Missbrauch und Rache kann Manz sammeln. Das Dorfleben und die richtige Polizeiarbeit werden nun aus der Perspektive des älteren Manz geschildert.
Ein wunderbarer, reduzierter Kriminalroman, der verlangt, sich auf die Stimmung einzulassen, um den ganzen Lesespaß zu erhalten. Der Roman ist ohne viel Blutvergießen spannend und trumpft mit seinen Beobachtungen und dem ganz feinen und stillen Humor.
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