
In der Literatur kann sich die Lyrik wohl am meisten erlauben. Lyrik darf alles und somit entsteht eine Freiheit und enorme Vielfältigkeit. Durch Sprache, Klang, Aufbau und Rhythmus werden unsere Gedanken, Emotionen und Seelen berührt. Das Gedicht mag verspielt sein und durch die gewählte Form dem Inhalt einen Rahmen geben. Es darf herausfordernd sein. Die Reduktion auf das Wesentliche macht die Lyrik zu einem Transporteur, denn durch die Gefühlswelt oder Gedanken, die in Worte gegossen werden, erreicht das Gesagte uns auf unterschiedlichen Ebenen. Die Lyrik hat es leider schwer. Diese Literaturgattung wird im Buchhandel gepflegt, aber mehr aus Leidenschaft zu dieser Kunstform. Doch hat jedes Gedicht, wenn es unsere Gedanken, Emotionen oder die Empathie in der Kurzform anregt, einen enormen Mehrwert. Dies meist bereits nach zügiger Inhalierung. Natürlich muss es gut sein. Doch wann ist es ein gutes Gedicht? Dann, wenn es gefällt, berührt oder überrascht. Es kann ganz einfach sein.
Durch den sich nähernden Valentinstag, der der Liebe und Anerkennung geweiht ist, möchte ich diesen Anlass nutzen, um diese Wertschätzung auf die Liebe zur Lyrik auszudehnen. Denn um Liebe geht es doch auch fast immer …
Drei Lyrikbände möchte ich nun vorstellen. Weitere werden demnächst folgen.
„Poems from a secret garden“ von Lalena Hoffschildt und Salih Jamal. Beide vernarrt in Literatur und in Gedrucktes. Es wird als lyrischer Briefwechsel deklariert und soll zufällig, als schreibendes Beifallprodukt entstanden sein. Die Beiden haben sich sprachlich gefunden. Ein Tanz um Liebe, um Annäherung, Abstoßung und Vereinigung. Im Inhalt wird der jeweilige Text zugewiesen, doch beim Lesen hebt sich die Trennung auf und selten blättert man zurück, um zu erfahren, wer es schrieb. Es sind Lovesongs voller Sehnen. Salihs Werk taucht in seinen Zeilen stets auf. Denn er schreibt immer in seinen ganzen Prozessen. Das Grau und Orpheus winken durch die Zeilen und bekommen durch Lalena einen Gegenpol, der den Klang übernimmt, verändert und auflöst, um neu zu entfachen. Ein chronologischer Reigen und Tanz um Gefühle. Eine Liebeserklärung an die Lyrik, an die Liebe und an das Leben.
„Manches ist besser geküsst als gesagt“ von Hellmuth Opitz. Diese Poesiesammlung besteht aus einer Auswahl seiner Liebesgedichte, die in einem Zeitraum von vierzig Jahren entstanden sind. Es sind Liebesspielereien. Opitz tastet sich an die Liebe, der zarten und der körperlichen, mit Worten und Bildern heran. Dabei spielt er mit Bildern, die durch die Sinnlichkeit der Sprache, die Liebe und die Erotik umgarnen. Das liebevolle Handeln steht dabei stets im Mittelpunkt. Denn vieles wird wohl wirklich besser durch einen Kuss als mit Worten gesagt. Es macht Spaß, Opitz zu lesen und in den Bildern und Worten seine Kunst zu entdecken. Beim Lesen entblößt sich das kluge Gedicht und Menschlichkeit sowie Liebe wird überall spürbar.
Um mehr Lyrik und eventuell einen neuen Zugang zu finden, sind auch Anthologien wunderbar. In diesen Sammlungen gibt es oft tolles zu entdecken. Im Jahr 2022 wurden Lyriker eingeladen, eine Lyrikkarawane zu kreieren. Dieser Austausch ist nun als Buch „Die Lyrikkarawane. Sichere Texttransporte. Sichere Gedichte“ erschienen. Es gab ferner Bühnenvorträge und Workshops an diversen Orten. Somit ist die Karawane losgetrabt und hat uns durch die lyrische Reise viel zu zeigen. Es sind dabei Bildgedichte, kurze Reime und lange Gedankengänge. Künstler und Künstlerinnen, die bekannt oder erst hierdurch entdeckt werden können. Es finden sich der Verleger und Autor Günther Butkus unter ihnen, Anna Sanner, die literarische Ninja-Frau und Franziska Beyer-Lallauret. Diese sind als Beispiel bereits schon oft im Leseschatz aufgefallen. Aber es gibt viele weitere Lyriktreibende, die diese Karawane beleben und neugierig auf diese Literaturgattung machen.
Also mehr Lyrik wagen und Spaß mit der Literatur haben.
Weitere Lesetipps von mir und tolle Gäste auf YouTube: Leseschatz-TV