
Wir sollten die Welt lyrischer machen. Die Literatur und besonders die Lyrik erfassen wir niemals nur mit dem Verstand. Es sind Worte, die Inhalte und Geschichten auf den ersten Blick vermitteln. Doch durch die Kunst der Sprache und die verwendeten Metaphern erklingen in uns Emotionen. Durch die Gefühlswelt können wir uns somit viel besser mit unserem Umfeld verbinden. Alleiniges Wissen oder Fakten, die uns emotionslos erreichen, bleiben nicht gut haften. Durch die Kunst der Literatur können wir viel mehr verstehen und mitfühlen.
In der Gattung der Literatur ist die Lyrik etwas Besonderes. Gedichte sind Raumwunder.
Solchen Raum hat Thomas Mortesá Hashemi mit seinem Debüt geschaffen. Beruflich ist er Philosophielehrer und Fachbereichsleiter an einer Schule in Berlin. Er schreibt Lyrik und versteht sich als Lyrikvermittler und Kritiker. Seine Werke beschäftigen sich mit Identität, Zugehörigkeit und fernöstlicher Philosophie.
Der Titel erzeugt durch das Wort und das Satzspiel auf dem Umschlag eine Ahnung des Kommenden. Kontaktbruch beinhaltet zwei Gegensätze, die vereint eine Trennung signalisieren. Der Kontakt und die Verbundenheit stehen mit dem Bruch, der Unverbundenheit, in den Betrachtungen der Texte. Dabei trifft das Gesellschaftliche, das Politische auf das Private. In der Kindheit und Jugend ist die Suche nach einem Zuhause durch die Eltern und die Familie geprägt. Mit dem Erwachsenwerden kommen diverse Einflüsse hinzu, die unser soziales Heim formen.
Thomas Mortesá Hashemi schreibt über die iranische Familie. Der genannte Perser steht für das Persischsein und für den Vater. Die Weite der Welt, das Fremde und das Bürgerliche wimmern durch die Zeilen. Die Erzählstimme spürt dem eigenen Gefühl nach und wandelt über den Kontaktbruch, über die Betrachtung zwischen Vater, Mutter und Sohn zu einer Räumung. Dabei entstehen Stimmungen und Sprachfragmente über Bünde und fehlschlagende Verbundenheit. Die Poesie bedient sich dabei mehrfacher Stile und Ursprünge. Diese und die Inhalte erschließen sich nicht sofort, doch beginnen diese nach dem Lesen zu keimen. Wie musikalische Strophen erschließen sie sich durch Nachklang.
Diese Lyrik sucht sich einen Resonanzraum, der in uns weilt. Gedichte und Sprache erzeugen eine Schwingung, die nicht in uns erzeugt wird, aber dann zu unserer wird. Wir nehmen etwas anderes an. Auch das Bauchgefühl kommt in „Kontaktbruch“ in diversen Variationen vor und dies suggeriert eine wohlige Annahme, die auch zu täuschen vermag. Am Ende bleibt der Blick zurück, der Bauch betäubt und wir wittern Gitter, die Kontakte brechen.
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