
Ein wunderbarer, positiver Roman, der uns zum Verweilen einlädt. Wie bei einem wohligen Besuch in einem Café, in dem die meisten Szenen des Romans auch spielen. Ein Café ist ein Ort, in dem wir Gesellschaft suchen, aber uns auch zurückziehen können. Einsamkeit oder gesellige Runde sind hier kein Widerspruch. Anfänglich waren es Kurzgeschichten, aus denen nun ein Roman gewachsen ist. Der Titel „Die Romantik soll mir mal im Mondschein begegnen“ klingt wie ein Wunsch, könnte aber auch als Drohung verstanden werden.
Im Mittelpunkt ein Café. Ein Ort in dem Menschen verweilen, Luft holen und dem Chaos um sich herum trotzen oder entkommen möchten. Doch können wir unserem eigenen Chaos, das in uns ist, niemals gänzlich durch Unterstützung von Süßspeisen, Koffein oder Geselligkeit entkommen. Wir nehmen unseren Trubel mit. Arne Suttkus wählt ein Café für seine literarische Begehung und für seine Betrachtung der menschlichen Zerstreutheit. Ein Café am Rande des Campus. Ein Ort, der für einige zur kurzen Stärkung genügt, andere erleben diesen Raum als zweites, wenn nicht sogar als einziges Wohnzimmer. Hier wird studentisch gelebt. Zeit und Geld für gepflegten Kaffee oder Waffelgebäck ist immer vorhanden. Mit Arne Suttkus nehmen wir gerne Platz. Werden gleich am Anfang in das Café hineingezogen und fühlen uns sofort wohl. Das Setting, das Ambiente und die Gäste erzeugen eine Wohlfühlatmosphäre, so dass wir sofort alle und alles gern haben. Die Stärke von Arne Suttkus ist seine Sprache, der Wortwitz und die Empathie für die Figuren. Alle sind lebensnah, leicht verschroben, dies aber liebenswürdig und lassen uns mit ihrem Alltag dem unseren entkommen. Selten gibt es Bücher in denen man sich sofort heimisch fühlt.
Der Kieler Universitätscampus wird bevölkert von seltsamen Leuten. Ganz in der Nähe ist ein Café. Hier treffen wir auf Gelehrte und Möchtegernrevoluzzer. Auf Professoren und auf Angestellte. Einige kommen, um sich zu treffen, andere um nur einen Kaffee zu trinken, sofern die Kartenzahlung wieder geht, oder um zu schreiben. Der Erzähler schreibt und seine beste Freundin, Claudia, schreibt ebenfalls. Er versucht es mit der Poesie, die der Alltagspoesie entsprungen ist. Claudia mag man, sie hat ihre eigene Sicht auf die Dinge und sie versprüht eine ganz eigene Philosophie. Sie ist aber auch bereit mal eine ihrer Romanfiguren, die anfängt zu nerven, zu beseitigen. Dann ist da natürlich noch Katharina, die im Café arbeitet. Sie mag ihre Gäste. Einige mehr, andere weniger. Denen, die sie mag, bringt sie auch mal die frische Waffel an den Tisch, wobei Selbstbedienung vorgesehen ist. Auch der Erzähler hat dies Glück, denn auch er fühlt sich zu ihr hingezogen und es kommt zum ersten Treffen auf dem Kieler Weihnachtsmarkt. Somit ist der Ort gleich am Anfang gesetzt. Das Setting ist umrissen und die Charaktere platziert. Langsam bauen sich Kapitel für Kapitel die Geschichten auf. Wer mit diesem Buch das Café betritt, hat eine Tür zu vielen Geschichten geöffnet, die sich dahinter verbergen.
Ein Buch, das uns entschleunigt, uns zum Schmunzeln und zum Wohlfühlen bringt. Alles ist kunstvoll eingerichtet und zubereitet. Die Geschichten sind charmant und benötigen nicht viel Handlung, um uns sofort an die Figuren zu binden und ihnen weiterhin folgen zu wollen. Sie machen süchtig und es ist wie bei einer sehr gut gemachten Serie, der man durch das Personal gänzlich verfällt. Hier wird gelebt, geliebt, das Schreiben und Lesen gefeiert. Hier ist ein Ort entstanden, in dem die Worte wahrhaftig werden.
Arne Suttkus kann wunderbar schreiben und unterhalten. Die Handlung spielt in Kiel und es ist wohl einer der besonderen Kielromane, der aber doch überall diese Tür zum Leben öffnen könnte, wo es gemütliche Cafés gibt.
An meine mitlesenden Verlage, verlegt bitte Arne Suttkus! Es gibt keine Ausflüchte mehr.
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