
Eine Stadt, es mag Genf sein, steht unter Wasser. Sintflutartiger Regen, Dammbrüche und über die Ufer tretende Gewässer haben das Land überflutet. In der Stadt leben noch Menschen. Sie bewohnen die oberen Teile der Gebäude, die über dem Wasserspiegel herausragen. Die Gebliebenen haben Hoffnung, dass sich das Wasser zurückzieht und das Leben in der Stadt bald wieder normal sein wird. Das Miteinander hat sich verändert. Nichts ist, wie es war.
Die Handlung spielt in einer dystopischen Welt und wurde von einem Literaturkollektiv Elen Fern verfasst. Sie fragten sich, ob Geschichten bei der Stadtplanung behilflich sein könnten. Diese Erzählung birgt einen Zauber und ihre Visionen werden zu magischem Realismus.
Zwei Taucher, Boris und Salǒmon, bergen Überbleibsel. Sie sind Schatzsucher, Bergungsarbeiter und kleine Ganoven. Dann ist da noch Colombe. Sie versucht, die Szenerie zu beherrschen und möchte den Menschen Hoffnung schenken. Sie plant den Wiederaufbau und die Belebung der Stadt. Dafür benötigt sie Karten, die sie in den versunkenen Ruinen vermutet und beauftragt die beiden Taucher. Die ständige Bedrohung und die permanente Rast- und Ratlosigkeit zeigen sich im Kleinen und Großen. Im Tinnitus für einen der Taucher und durch die Wachtürme mit ihren Warnsignalen, die die Menschen in eine Quarantäne zwingen. Doch ist es keine Krankheit, die hier bedroht, sondern riesige Welse, die in Schwärmen das Gewässer durchstreifen. Wenn Welse kommen, schlagen die Glocken Alarm, denn es sind bereits Kinder verschwunden.
Boris und Salǒmon fischen im Trüben, um die Pläne zu finden. Dabei verlieren sie einen Tauschschuh, der von anarchistischen Kindern gefunden wird, die sich auf ihre Insel zurückgezogen haben. Sie tauschen und handeln, wollen aber für sich bleiben und meiden die Erwachsenen. Auch wissen sie mehr über die Welse. Denn sind die Welse unheimlich, sind die Fische die Gefahr?
Als Boris und Salǒmon tauchen, läuten die Glocken. Die Welse kommen und die Menschen verschanzen sich in den oberen Teilen der Gebäude. Jetzt wissen die Kinder, es ist ihre Zeit, es ist die Zeit der Welse.
Die ständige Vibration unserer Gegenwart steigert in uns eine Überreizung, die zum seelischen Tinnitus führt. Die äußere Bedrohung ist meist eine erzwungene, die uns vieles glauben lassen möchte. Doch die Bedrohung ist da. Aber sind es die Welse oder sind wir es, die es ermöglichen, dass uns das Wasser hier und dort bis zum Halse steht?
Die Notwendigkeit einer Stadtplanung von morgen war der Anstoß für den Roman. Doch ist dies nur einer der Gedanken im Buch. Der eigentliche Kern ist das Märchenhafte innerhalb der möglichen Realität. Wir müssen uns das Fantastische und den Zauber bewahren, denn nur so erhalten wir die Hoffnung.
Anne-Sophie Subilia, Matthieu Ruf, Daniel Vuataz und Aude Seigne sind Mitglieder des Schweizer Literaturkollektivs Elen Fern die das Buch “Wenn die Welse kommen“ verfasst haben. Begonnen hatte die Zusammenarbeit mit insgesamt vierzehn Kreativschaffenden. Aus dem Französischen wurde es von Claudia Steinitz und Andreas Jandl übersetzt.
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