
Ein Buch, das sich, wie der Hauptcharakter, nicht wirklich benennen lässt. Es ist ein Unterhaltungsroman, der aber diverse Gedankenanstöße bietet. Es liest sich zuweilen wie ein Jugendbuch, geht aber darüber weit hinaus und spricht eine weiträumige Zielgruppe an. S. Rayker ist das offene Pseudonym von Sonja Rüther und erneut verbindet sie in diesem Roman viele ihrer persönlichen Themen. Auf den ersten Blick ist es ein Musikroman. Musik spielt in ihren Werken immer eine besondere Rolle. Musik und Literatur sind Transporteure von emotionalem Wissen. Ein Wissen, das sich nicht sachlich, aber durch die Geschichte und die Empathie zu den Figuren in uns verankert. Gerade die Empathie ist der Motivator des Romans, denn es geht um das Anderssein dürfen, sich und andere so zu akzeptieren, wie sie sind. Egal, woher wir stammen, wie wir aussehen, wie wir uns kleiden oder wen oder was wir lieben. Toleranz und Empathie gehen gesellschaftlich verloren, dies kann durch beständiges Lesen verhindert werden. Dieses Buch ist dabei eine unterhaltsame Unterstützung. Sonja Rüther hat daher auch das Vorwort ihrer Tochter überlassen. Denn es geht viel um Ausgrenzung und Mobbing. Dies hat leider Norina Rüther, wie zu viele, in der Schulzeit erleben müssen. Mobbing trifft meist nicht Menschen, weil sie anders sind, sondern weil sie sich am wenigsten dagegen behaupten wollen oder mögen. Die Täter suchen sich stets jene, die am wenigsten Widerstand leisten.
Der 16-jährige Jay ist so jemand, der beständiger Schikane ausgesetzt ist. Sein Erscheinungsbild ist sehr androgyn und er weiß selbst nicht, wer er wirklich ist. Durch den Verlust seiner Mutter ist er noch introvertierter und trauert mit einer stillen Wut. Einen seiner Peiniger hat er gestoßen und dieser liegt nun im Krankenhaus. Es gab keine wirkliche Auseinandersetzung, warum Jay so reagierte, keine Diskussion wurde seitens des Internats in den USA, auf das er ging, geführt, denn er flog von der Schule. Sein Vater ist für die Sicherheit anderer, meist Promis, zuständig und stets global unterwegs. Jetzt muss er sich um Jay kümmern. Gerade jetzt, wo er für die Sicherheit der K-Pop-Gruppe Yay!There zuständig ist, die weltweit eine großes mediales Interesse erzeugt. Jay distanziert sich von den Massenereignissen und flüchtet sich in seine eigene Welt, die er anhand von Bildern, Skizzen und Mangazeichnungen fixiert. Sein Vater hat sich nie wirklich um ihn gekümmert und somit fällt es beiden schwer, den anderen jeweils zu verstehen. Besonders nicht, weil da noch Jane ist, mit der sein Vater bereits länger ein Verhältnis zu haben scheint. Führt sein Vater somit auch zwei Leben? Gleich wie Jay, der stets zwischen den Welten schwebt, ohne sich zu einer gänzlich hingezogen zu fühlen? Gibt es einen Zwischenraum, der ihm bisher verborgen blieb?
Jay wird auf der Tournee von Yay!There ein Teil des ganzen Teams. Er versucht sich bedeckt zu halten, verursacht aber gerade dadurch oft Probleme und versteht es auch in Folge, die Presse und die Fans auf sich aufmerksam zu machen. Schnell wird er als jener brutale Schläger erkannt, der von der Schule geflogen ist. Dies kann für das Image der Boyband schwierig werden und das Management setzt nun enormen Druck auf ihn und seinen Vater aus. Gerade Jane ist es, die sich oft für Jay verantwortlich fühlt und somit kommen beide sich zwangsweise näher. Auch mit der Band, die ihn in ihrer Mitte während der wenigen freien Stunden integrieren. Besonders Yi-jun, der von den Fans die meisten Bewunderer hat, sucht Jays Nähe. Dabei hat Jay bisher zu dieser Art von Musik keinen Zugang gefunden. Doch immer mehr findet er ein Gehör für die Musik und für die Stimmungen seines Umfeldes. Sein Plan ist es dennoch, sobald die Tournee in Paris angekommen ist, dort ein neues Leben anzufangen. Yi-jun, der charismatische und ebenfalls androgyne Sänger bleibt aber ein beständiger Begleiter von Jay und möchte mehr erfahren und ziemlich zügig erfährt Jay auch, warum.
S. Rayker, d.h. Sonja Rüther, versteht es, spielerisch die großen Themen zu verpacken. Sie benutzt eine Alltagssprache, um Authentizität zu erzeugen. Dies gelingt ihr sofort, denn die Charakterzeichnungen sind sehr plastisch und durch die Szenen erhält die Handlung immer mehr Komplexität. Dies ist mit den Romanen von Stephen King zu vergleichen, der mit seinem literarischen Handwerk sofort Bindungen zu den Figuren und der Handlung erzeugt. Sonja Rüther schreibt begeistert über Musik, wie in ihren Werken oft. Es ist keine besondere Zuwendung zu einer Musikrichtung nötig, um die Hingabe nachzuvollziehen. Es sind dann ihre Themen, die sie beflügeln. Es geht um Mobbing, um das Ausbrechen aus gesellschaftlichen Klischees und um das Finden seiner Rolle im Leben, ohne eine vorbestimmte erfüllen zu müssen. Es geht besonders in diesem Roman um Anerkennung, Akzeptanz und Empathie. Die Illustrationen im Buch stammen ebenfalls von Sonja Rüther.