Tatjana von der Beek: „Blaue Tage“

Ein Segelroman über die inneren Konflikte und den Mut, sich selbst zu finden und zu akzeptieren. Ein Roman, der die Segel bereits mit einer subtilen Unterschwelligkeit setzt und in eine Sinnkrise hineinmanövriert. Das Schiffsmotiv und die komprimierten Handlungsorte durch ein Segelboot sind nichts Neues, doch stets eine feine Möglichkeit für ein kulissenreiches Kammerspiel. Tatjana von der Beek baut die feinen Brüche langsam ein und baut diese kontinuierlich aus. Das erinnert an die Werke von Deborah Levy oder Yasmina Reza. Mit einer nicht aufbrausenden Emotionalität, sondern durch das Erkennen der eigenen Lebenslügen wird hierbei durch die Charakterisierungen und den Handlungsverlauf eine behutsame Spannung aufgebaut.

Gleich am Anfang zeigen sich eine Disharmonie und die Distanz. Ein gemeinsamer Urlaub in Griechenland ist geplant. Der Vater, der sich lange nicht um seine Töchter bemühte, lädt unerwartet ein. Ein Katamaran soll der Ort der Zusammenkunft sein. Eine Passage durch die Inselwelt soll die Familie wieder näherbringen. Doch was hat der Vater dazu bewegt, sich jetzt zu melden? Was möchte er seinen Töchtern mitteilen?  Es sind die Schwestern Leo und Emma, die zusammen mit ihren Lebenspartnern angereist kommen und auf das gecharterte Boot einschiffen. Leo erkennt gleich in ihrem Vater einen älteren Mann, den sie ohne familiäre Bindung wohl nicht mögen würde. Beide Schwestern eint auf den ersten Blick der bisher unerfüllte Kinderwunsch. Doch hat Leo gerade eine Karrieresprung vor sich und ein Kind würde zum jetzigen Zeitpunkt nicht passen. Ohne mit ihrem Partner zu sprechen, plant sie das gemeinsame Leben. Das Urlaubsmanöver scheint bereits bei der ersten Hafeneinfahrt zu kippen. Denn wie im Leben wirkt es, als hätten alle die Kontrolle über das Boot verloren. Eine Skipperin hilft und geht dann mit an Bord.

Auf der Reise kommt es zu Begegnungen mit den eigenen Wahrheiten, Sehnsüchten und verheimlichten Lebensinhalten. Durch das Verheimlichen, Belügen und die Konfrontation auf engstem Raum kommt es stets zu angespannten Stimmungen, die sich einen Weg suchen, um ans Licht zu kommen.

Ein passender Sommerroman voller mediterraner Hitze und flimmerndem Wasser. Dabei werden wir Zeugen von Lebens- und Sinnkrisen, die ganz subtil aus den Untiefen emporsteigen und einen festen Anker auswerfen.

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