
In diesem Roman wird das Scheitern zelebriert. Ein seit Jahren erfolgloser junger Mann, der sich als Dichter berufen fühlt, wird zum tragischen, aber auch humorvollen Sinnbild einer Generation. Mit viel Hingabe zu seiner zu erzählenden Geschichte wirft Michel Decar einen Charakter aufs Papier, der vom Scheitern über diverse Pointen zur Einsicht und zum Leben zurückfindet. Alles dreht sich im Roman im Kreis, vorerst um das großwirkende Ich des Erzählers, der aber eigentlich von Selbstzweifeln geplagt wird. Doch die Selbstkritik verfehlt am Anfang die Wirkung und das gekränkte Ego wird trotzig und post-pubertär. Der eigentliche Kreis handelt von einer Reise, die letztendlich am Ursprung endet und den Erzähler verändert zurückkehren lässt. Dabei bleibt der Erzähler stets auf der Suche nach dem perfekten Gedicht. Gesucht wird die Lyrik, die endlich Geld und Ruhm bringen soll. Die Liebe und eine Welterfahrung dürfen dabei nicht fehlen und somit beginnt die Reise.
László Carassin hat keinen Erfolg. In der Liebe und in seiner Berufung nicht. Seine große Liebe hat die Beziehung beendet und seit Jahren hat er mit seiner Poesie noch nie Geld verdienen können. Es wurde aus seinem Wasser-Zyklus mal ein Gedicht abgedruckt, das war sein bisher größter Erfolg. Er wohnt in einer Wohngemeinschaft mit einem Drehbuchautor und beide können gerade so für die Miete aufkommen. Die Sehnsucht nach Erfolg wird plötzlich erhört. Doch nicht von eigentlichen Kennern der Kunst, sondern von einem Sparkassen-Kunstpreis. Die Sparkasse will mit dem Preis das Image verbessern und sorgt für eigenes Ansehen und nicht für das der Künstler. Dies erkennt László bei der Preisverleihung im Wolfsburger Ritz-Carlton. Die Feierlichkeit ist eine Posse und László hat genug, ihm reicht es und er will nur noch weg. Berlin nervt ihn, das Leben nervt ihn und er beginnt sein Umfeld zu nerven. Er fährt zu seinem Lieblingsonkel nach Ungarn. Dort will er seinen Ruhestand einläuten. Nie mehr arbeiten, denn er meint von dem Preisgeld über 7500,- € würde er jahrelang leben können. Das viele Papiergeld in seiner Tasche verleitet zu Wohlstand in seinem Kopf. Er spielt, isst und trinkt genussvoll und lebt in seiner kleinen Welt großzügig. Dabei schwindet das Preisgeld immer zügiger und ein neuer Einfall muss her. Sein Onkel hat stets eine Million Euro-Geschäftsideen, die leider bisher ebenfalls scheiterten. László ist fortan auf der Suche nach dem perfekten Gedicht. Das Gedicht, das alle Emotionen einfängt und somit Ruhm und beständigen Geldregen beschert. Doch im Wohnwagen im Garten seines Onkels kommt nicht die dafür notwendige Stimmung auf. Somit geht seine Reise weiter. Zypern und Odessa werden weitere Ziele. Immer als ein Treibender und als kleiner Nutznießer. Er trifft auf Zuneigung, mit der er seinen Schmerz kurz vergessen darf. Den Schmerz des Scheiterns und den Verlust seiner wahren Liebe.
Die Flucht eines vergeistigten jungen Mannes, der bei seinen Reisen stets entkommen möchte, aber doch alles an persönlichem Ballast mitnimmt. Er will nichts tun und dennoch Erfolg haben und kümmert sich nicht, sondern lässt alle für ihn das Wesentliche regeln. Die Flucht, dieser Weg, ist somit zum Scheitern verurteilt. Kunst und Kommerz, Kreativität und Lebensnähe sind Pole, die sich aber nicht bedingt abstoßen müssen. Die perfekte Lyrik im Leben muss erarbeitet werden. Durch Schmerz, Verlust, Freude, Humor und Liebe. Witz, Drive und Empathie beleben diesen unterhaltsamen Spaß.
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