Joakim Zander: „Ein ehrliches Leben“

Was ist ein ehrliches Leben? Wenn wir etwas Authentisches erschaffen möchten, müssen wir bereit sein, dafür Risiken einzugehen. Doch wie weit darf dieses Risiko überspannt werden und birgt diese Unsicherheit nicht auch stets eine Gefahr? Joakim Zander spielt mit Authentizität, der Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit und der gesellschaftlichen Zerbrechlichkeit. Dabei ist sein Roman erneut ein spannendes Werk, das mit der Offenlegung der Mechanismen der Abhängigkeit und Zugehörigkeit unsere Bereitschaft durchleuchtet, die gesellschaftlichen, sowie sicheren Wege zu verlassen.

Joakim Zander spürt dem jugendlichen Wunsch nach einem freien Leben nach. Eine Freiheit, die sich eigene Wege aus den angepassten Strukturen sucht. Doch mündet diese Freiheit oft missverstanden in Anarchie und verletzt das Eigentum oder das Leben anderer. Joakim Zander benennt diese Begrifflichkeiten, ohne diese gänzlich zu definieren oder zu moralisieren, dies geschieht im Leseprozess ganz individuell. Joakim Zander fiel bereits sehr positiv mit seinen Politik-Thrillern um  Klara Walldéen auf, die mit „Der Schwimmer“ ihren Anfang nahm. Nun hat er einen Roman geschrieben, der wie ein Liebesroman beginnt, um dann ganz gehörig den Spannungsbogen auszudehnen und die Weltsichten aufeinanderprallen zu lassen und zu verdrehen.

Am Anfang muss sich der schwedische Erzähler, ein Autor, vor einem Spiegel-Journalisten in Hamburg rechtfertigen, warum sein gerade erschienener Roman unmoralisch gelesen werden könnte. Als Jugendlicher ist Simon, der spätere Autor, ein guter Schüler. Das Lernen fällt ihm leicht. Er liest gerne und träumt davon, Romane zu schreiben, die etwas bewirken. Doch zerplatzt dieser Traum, weil er keine gute Geschichte zu erzählen vermag. Er ist ständig gelangweilt und möchte das Kleinstadtleben verlassen. Er schreibt sich in Lund in die juristische Fakultät ein. Jura als Spielregel, um die Welt zu verstehen und um sich eine spätere Freiheit leisten zu können.  Sein Vater hat ihm ein WG-Zimmer organisiert. Hier wird ihm täglich seine Herkunft vorgespielt, seine Mittelmäßigkeit, denn er gehört nirgends wirklich dazu. Seine Mitbewohner und Vermieter sind reiche Studenten, die ihn lediglich als Dienstpersonal akzeptieren. Er hört von einer Demonstration in Malmö und hofft auf ein Spektakel und geht seiner Neugier nach. Es kommt zu Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei. Simon gerät unschuldig hinein, hilft und ihm wird geholfen. Dabei lernt er die junge Frau Max kennen. Es entsteht eine Freundschaft und Simon verliebt sich in Max, die ihn ihren Freunden vorstellt. Diese exzentrische Clique wohnt zusammen und wirkt belesen, gebildet und rebellisch. Die Gruppe lebt nach ihrem Freiheitsempfinden und radikalen Idealen und akzeptiert Simon, wie er ist. Doch sind sie ihm gegenüber auch immer ehrlich? Gerade Max, die er liebt? Das Leben verändert sich, bekommt eine neue Dimension und die Langeweile schwindet, verlangt aber enorme Risiken. Als Simon merkt, in was er hineingerissen wird, ist es zu spät, um aufzuhören. Er wird nach einer Mutprobe in Kopenhagen einer von den „Banditen“, wie sie sich selbst nennen.

Die gesellschaftlichen Spitzen werden nicht überzogen. Obwohl Klischees auftauchen, wie zum Beispiel Uhren und Surfen, die jeweils als Statussymbol oder Sinnbild der Freiheit und Hingabe  angesehen werden, gelingen die erzeugten Bilder und eine vielschichtige Handlung baut sich auf, die das soziale Gefüge wanken lässt. Aus dem Schwedischen von Ulla Ackermann und Thomas Altefrohne übersetzt.

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