
Erneut ist es die Liebe, die Lu Bonauer betrachtet und wirken lässt. Mit der Novelle „Tausend Schichten Sommerland“ setzt er den Reigen seines Themas fort, das er mit „Die Liebenden bei den Dünen“ begonnen hatte. Seine neue Publikation trug vorerst den Arbeitstitel „Die Liebenden in der Stille“ und beschreibt tatsächlich ein stilles, liebevolles Refugium, das in einen Sog gerät, der die Liebenden in einem Wirbel verfängt und ihre Gefühls-Sphäre verwandelt. Gibt es etwas, das wie aus dem Nichts, in die intime Liebe, in die Zweisamkeit einzugreifen vermag? Die Stille gebärt hier etwas Unheimliches und die Sogwirkung hat ihr Zentrum in einem schwarzen Loch aus Emotionen.
Erzählt wird die Geschichte von Astrid und Tom. Ihre Liebe ist wie ein Blitz. Eine Kraft, die gefühlt alles zu erschaffen vermag. Ihre Leidenschaft und ihr Verlangen sind zart, begierig und sie sind sich selbst stets genug. Ihre keimende und junge Liebe wollen sie in der Einsamkeit auskosten. Ihre Zweisamkeit suchen sie auf einer einsamen Insel. Ihre Nähe ist intim und fern von jeglichem Spannungsfeld der weltlichen Geschehnisse. Die Natur ist geprägt vom Ozean und von Olivenhainen. In der Abgeschiedenheit erleben die beiden ihre Rituale, ihre Albernheiten und ihre tief empfundene Liebe. In dieser Geschichte werden Märchen und Mythen lebendig. Alles wird, wenn es nur durch Emotionen erlebt und erfasst wird, magisch. Die Geschichte der dortigen Olivenbäume wird das Fundament der ersten Begegnung mit der Dunkelheit. Diese Schattenwelt und die empfundene magische Welt fällt den Liebenden wahrhaftig vor die Füße. Die traumhafte Inselidylle wird durch Eigenartiges getrübt. Die Nachbarin, die erst gar nicht zu sehen war, sitzt plötzlich auf dem Schaukelstuhl und wirft grimmige Blicke auf das Liebespaar. Auf einer Erkundungstour geraten die Beiden auf Abwege und stehen auf der Rückfahrt an einem Kreuzweg und entscheiden sich vorerst falsch. Auf diesem Weg fällt ihnen ein Olivenbaum vor den Wagen. Wie von einer unsichtbaren Kraft wurde der starke Baum entwurzelt. Kein Wind weht und keine Alterserscheinung lässt den Vorfall erklären. Später geht ein Flüstern durch die Olivenhaine. Die Liebenden drohen zwischen Licht und Schatten verloren zu gehen. Etwas Mephistophelisches verbeißt sich in die Liebe. Hierbei greift der Vergleich zu Goethe, der ebenfalls fragte, ob es tatsächlich die Liebe ist, die die Welt im Innersten zusammenhält?
Ein Buch über die Romantik, die durch die Liebe geprägt und durch das Umfeld und das Leben beschattet wird. Das anfängliche Glitzern und die Leichtigkeit im Leben und in der Liebe erfahren durch die weltlichen Ereignisse und den entzauberten Alltag eine Schwere, die es zu erkennen gilt. Wie tausend Schichten legt sich hierbei eine Erkenntnis ab und greift trotz der Märchenhaftigkeit gegenwärtige Fragestellungen auf. Fixiert wird hierbei eine Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit, Liebe und nach eventuell höherer Bestimmung.
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