Ruth Landshoff-Yorck: „Leben einer Tänzerin“

Ein wahrer Zeitblick wird uns durch diesen Roman, die Entstehungsgeschichte und den realen Bezug geschenkt. Eine Zeitreise in die 20er Jahre, in das Nachtleben, die Bars und die ganze fiebrige Stimmung der Metropolen. „Leben einer Tänzerin“ ist ein Roman, doch dient der Romanfigur eine echte Biographie als Vorbild und aus Lena Amsel wird jener schillernde Vogel, um genau zu sein, Lena Vogel. Die damals berühmte Tänzerin Lena Amsel (1899 – 1929) war eine emanzipierte Frau voller Lebenslust und Freiheitsdrang bis ihr Leben auf tragische Weise abrupt endete.

Das Buch war bereits gesetzt und der damalige Verlag sendete Ruth Landshoff-Yorck die Druckfahnen zur Korrektur und Druckfreigabe nach Paris, wo sie sich aufhielt. Doch sollte das Buch nicht erscheinen. Es war das Jahr 1933 und aus politischen Gründen wurde die Publikation zurückgezogen. Aufgrund der jüdischen Hauptfigur, die ein emanzipiertes und kosmopolitisches Frauenbild verkörperte, wurde die Verbreitung dieser Schrift untersagt. Jetzt wird der Roman über ein damals neues Frauenbild voller Freiheitsdrang und Lebenslust veröffentlicht. Ergänzt wird das Buch durch ein Nachwort des Herausgebers, Walter Fähnders. Der Roman über die Tänzerin wird durch das unbedingt zu lesende Nachwort gänzlich abgerundet, historisch eingebunden und durch Wissenswertes ergänzt.

In den pulsierenden Metropolen, Berlin, Wien und Paris liebt und lebt die Tänzerin Lena Vogel. Sie lebt ihren Freiheitsdrang aus und definiert diesen stets neu. Es sind die 1920er Jahre und die modern denkende Frau erfindet sich immer wieder neu. Sie tritt oft als schillernde Persönlichkeit auf und zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Ihr Kleidungsstil, ihr Erscheinungsbild, ihre Gedanken und ihre Weltsicht sind unkonventionell. Ihre Ehen sind flüchtig und mit den Männern wechselt sie auch oft ihr Gesamtbild. Auch das Landleben versucht sie, für sich zu entdecken. Alles im Leben dieser Tänzerin ist und wird zu einem Tanz.

Ein authentischer Roman, der etwas Dokumentarisches in die Literatur einbindet. Der Stil ist temporeich und die Geschlechterrollen werden neben den gesellschaftlichen Betrachtungen sehr lebendig. Die Schilderungen sind knapp und auf den Punkt kommend formuliert. Ein gradliniger, fast etwas ungehobelter Ton stellt hiermit einen neuen Frauentypus der 20er Jahre in den Vordergrund. Das Buch ist eine lohnende Bereicherung.

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