
Ein Roman voller Lebensfixierungen als Kind, als Frau, als Tochter und als Mutter. Viele Themen werden, wie in den Werken der Autorin üblich, sinnbildlich ergriffen. Das Erzählte wirkt erlebt und jeder wird sich zuweilen dabei selbst wiederfinden können. Mit ganz viel Empathie für die Figuren ist der Roman verfasst. Alles wirkt ganz leicht und zart, doch ist es stets ein großes Bild oder ein kluger Gedankenimpuls, der die kurzen Kapitel formt. Mit viel Humor und Kenntnis wurde das Buch geschrieben und die Momente werden beim Lesen lebendig. Dies ist die große Kunst der Autorin. Die Komplexität ist ein Gewebe, das sich leicht annehmen lässt und dann einen bleibenden und begeisternden Eindruck hinterlässt.
Ada ist eine Insel, so auch die Übersetzung des Namens in der Sprache der Mutter. Eine Insel, die aber niemals für sich alleine ist. Stets gibt es Berührungen, Verschiebungen und Besuche. Das Menschliche steht bei jeder Episode im Mittelpunkt. Wie in ihrem vorherigen Roman „Vater und ich“ geht es um Familie, Integration, Sprachbarrieren und das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen und Generationen. Bei „Vater und ich“ waren im Mittelpunkt die Sprachlosigkeit und das Schweigen. Beide Werke verbinden sich in den kleinen Gesten. Das Alltägliche rückt in die Betrachtungen, um uns dadurch einzufangen und etwas mitzugeben. In der Kleinigkeit offenbart sich etwas Großes. Die Reduktion zeigt sich auch in den Kapiteln und im Text. Kein Füllwort taucht auf und kein Wort ist hier zu viel.
Erkundet wird das Leben in den Beziehungen von Ada. Ada geht in den Kindergarten, zur Schule, zur Uni und wird Mutter. Stets sind es ihre Betrachtungen auf sich und das Umfeld. Die Sehnsucht nach Verbundenheit steht im Mittelpunkt. Dabei lernt sie auch die Abgrenzung kennen. Zum Beispiel wenn die Mutter beim Kindergeburtstag alle Kinder als ihre Freunde benennt, aber Ada dies nicht so empfindet. Oder eine dieser Freundinnen ihren Schlafanzug anziehen soll, den sie selbst noch nie getragen hatte. Sie beobachtet ihre Eltern beim familiären Leben, beim Tanz und beim täglichen Miteinander, um dann selbst Mutter zu werden. Ada möchte sich selbst verstehen und bei ihren Reflexionen dürfen wir dabei sein. Voller Poesie und Witz nehmen wir uns bei der Lektüre selbst wahr. Es sind kunstvolle Anekdoten auf dem Lebensweg. Ada und / oder die Autorin versucht zu verstehen, zu beeindrucken und stets den Erwartungen, meist den eigenen, gerecht zu werden. Das Leben ist niemals eine einsame Insel, sondern immer ein Miteinander. Das kann zuweilen eine Herausforderung sein, aber dies formt uns und die Sehnsucht nach Innigkeit überstrahlt alles. Das Fremde durch das Fremdsein ist oft nur eine Kopfphantasie.
Mit einem großartigen Humor und einer besonderen Hingabe zu den Figuren, die sehr erlebt wirken, begeistert dieser Roman. Sätze und Episoden laden zum Nachsinnen ein. Ein wunderbarer Leseschatz!
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