
Selten findet man in einem gegenwärtigen Roman das Wattenmeer so lebendig beschrieben vor. Nach „Unter den Menschen“ und „Der Schiffskoch“ beweist Mathijs Deen erneut sein Beobachtungs- und Schreibtalent. Die Landschaft ist neben den agierenden Figuren einer der Hauptcharaktere des literarischen Krimis.
Klaus Smyrna, Peter Lattewitz und Aron Reinhard sind Extremwattwanderer. Sie träumen von einer besonderen Tour. Sie planen die gefährliche Wattquerung nach Borkum. Diese Wattwanderung wird mit dem Besteigen des Mount Everest verglichen. Bestimmte Wetter- und Strömungsbedingungen sind nötig, damit es überhaupt gelingen kann. Diese Bedingungen sind sehr selten. Endlich scheint das Klima perfekt zu werden. Die drei sprechen sich ab und zwei brechen vom ostfriesischen Festland nach Borkum auf. Nur einer erreicht die Insel.
Der Roman beginnt mit der Kontrollfahrt des Grenzschutzes. Geeske Dobbenga fährt zum letzten Mal dienstlich in das Wattenmeer. Ihren Abschied und den Beginn ihrer Pensionierung hatte sie sich dennoch ganz anders vorgestellt. In der Emsmündung findet das Team des Patrouillenboots eine Leiche. Auf der Sandbank De Hond wurde Klaus Smyrna angespült. Das spätere Verhör mit Peter Lattewitz ergibt, dass sie bei einem Priel andere Verhältnisse vorgefunden hatten als erwartet und es kam auch noch Nebel auf. Somit wirkt es wie ein Unfall. Doch hat die Leiche einen Schlag am Kopf erhalten. Aber es gibt auch eine mögliche natürliche Erklärung. Die aufkommende Strömung kann ihn gegen etwas getrieben haben. Die Frage ist also, ob es ein Todesfall mit Fremdeinwirkung war oder wirklich ein Unglück im Watt? Und warum ist der dritte Mann, Aron Reinhard, nicht dabei gewesen?
Da der Fundort, die Sandbank De Hond, im umstrittenen Grenzgebiet liegt, bricht ein politischer Streit um die Zugehörigkeit des Falls aus. Die Unklarheiten des möglichen Tatverlaufs und die Streitigkeiten zwischen den Polizeikräften führen die Bundespolizei See in Cuxhaven zu einer Entscheidung. Sie bitten einen ihrer besten Mitarbeiter, sich inoffiziell den Fall vor Ort mal anzusehen und sich einzuarbeiten. Liewe Cupido ist als gebürtiger Deutscher auf der niederländischen Insel Texel aufgewachsen. Seine Kollegen nennen ihn daher den Holländer. Er ist ein störrischer, wortkarger und sehr eigenwilliger Mensch. Durch seinen Einsatz kommt Klarheit in einige Schlammtiefen.
Ein Ermittler, den man sehr schnell gern hat. Der ganze Grenzfall ist toll recherchiert und beschrieben. Das Wattenmeer zeigt sich in diesem Roman von seiner wunderschönen, aber auch gefährlichen Seite mit seinen unfassbaren Untiefen. Alles in dieser Geschichte findet zueinander und das ganze Buch ist als ein tiefgründiger Spannungsroman aufs Feinste komponiert. Das Buch baut eine zu fassende Atmosphäre auf und bietet viel Wissen rund um das Wattenmeer an. Mathijs Deen schreibt unterhaltsam, klug und mit viel Hingabe. Auch versteht er es, wie in seinen vorherigen Werken, einigen Witz durchschimmern zu lassen. Es bleibt die Hoffnung, dass dies ein Auftakt einer Krimireihe um den schweigsamen Holländer ist.
Der Umschlag des Buches beinhaltet eine schöne Karte der Region. Der Roman wurde aus dem Niederländischen von Andreas Ecke übersetzt. Wer einen Eindruck von Mathijs Deen erhalten möchte, findet ihn als Gast auf Leseschatz-TV. Vorstellung & Lesung „Der Schiffskoch“
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Vielen Dank für deine Besprechung. Vermutlich wäre ich sonst nicht unbedingt über ‹Der Holländer› gestolpert, als jemand, der aus Deutschland in die Niederlande zog, wenngleich nicht ans Wattenmeer, reizen mich Geschichten über die beiden Nachbarn oder die Geschichte des Landes sehr. Zuletzt habe ich Marieke Lucas Rijneveld, Gerbrand Bakker und Margriet de Moor gelesen. Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag.
Vielen Dank und erlesene Grüße, Hauke