Jose Dalisay: „Last call Manila”

Die Würde der Existenz steht in diesem vielfältigen Roman im Mittelpunkt. Denn was ist das menschliche Leben wert? Der respekt- und würdelose Umgang mit Menschen, die keine Lobby haben oder mittellos sind, ist ein globales Phänomen und großartig in dem vorliegenden Roman mit einem lakonischen Ton eingefangen. Das Werk liest sich wie ein Krimi und ist dabei ein Gesellschaftsroman. Der philippinische Autor Jose Dalisay erzählt vom Alltags- und Überlebenskampf. Es geht um die philippinischen Menschen, die in weit entfernten Ländern, wie Europa, Arabien, Skandinavien oder den USA, unter entwürdigenden Umständen arbeiten, um Geld für ihre Familien zu verdienen.

Es beginnt mit einem Zinksarg, der in einer Holzkiste aus Jeddah in Saudi-Arabien per Luftfracht auf dem Flughafen in Manila angeliefert wird. Die Frauenleiche wird anfänglich das Opfer von bürokratischer Missachtung. Es kommt zu einigen Verwechslungen und auch dadurch zu einem falschen Benachrichtigungsschreiben an eine Familie, die ihren ermordeten Sohn im Empfang nehmen wollten. Doch ist es eine Frauenleiche, die nun in der Airport-Halle lagert. Die Begleitscheine weisen den Überresten den Namen Aurora V. Cabahug zu. Ein Polizist namens Walter soll den Sarg nun in die Heimatstadt der Verstorbenen transportieren. Er kennt den Namen der Frau. Er hat sie gerade als Sängerin „Rory“ in einer Bar gesehen. Es kommt nun heraus, dass die Tote die Schwester der Sängerin ist und unter deren Namen als Dienstmädchen nach Saudi-Arabien vermittelt wurde und schon länger als vermisst gilt. Die Sängerin und der Polizist wollen den Sarg nachhause bringen und es kommt zu weiteren makabren Ereignissen.

Neben der Handlung und der Hauptfrage, was der Toten passiert ist, geht es um die Einblicke in die Gesellschaft, in der es fast in jeder Familie mindestens eine Frau oder einen Mann gibt, die in anderen Ländern unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Ein Roman mit dem Bild unserer heutigen Gesellschaft aus der philippinischen Sicht. Jose Dalisay zählt zu den bedeutendsten Autoren der Philippinen. Die Handlung liest sich spannend und die Frage, wie kam die Frau in Saudi-Arabien ums Leben, erzeugt einen enormen Lesesog. Die ganzen Nebenschauplätze ufern dabei nicht aus, sondern belegen ein gesellschaftliches Menschenbild. Die Handlung bleibt dabei stets voller Überraschungen. Der Klang des Textes überzeugt durch seine Distanz aus der auktorialen Perspektive. Die Sprache erklingt dabei zuweilen bitter, lakonisch und erzählt wird auch mit schwarzem Humor. Doch ist einem dabei nicht immer zum Lachen zumute.

Der Roman zeigt die Kluft zwischen Arm und Reich und den Menschen, die innerhalb der Gesellschaft einen Wert vermitteln und jenen, die ein Schattendasein ertragen müssen. Es geht ums Überleben, Gerechtigkeit, die tagtägliche Gewalt und Politik. Dabei wird die Schieflage unserer Weltstruktur auf groteske Weise deutlich und die kleinen, tragischen Geschichten werden ganz groß. Übersetzt wurde der Roman aus dem Englischen von Niko Fröba.

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2 Kommentare

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2 Antworten zu “Jose Dalisay: „Last call Manila”

  1. Na das klingt doch wieder nach einem richtig interessanten Buch. Danke fürs Vorstellen! Liebe Grüße schicke ich. 😊

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