Doron Rabinovici: „Die Außerirdischen“

Doron Rabinovici Die Ausserirdischen

Wir Menschen benötigen keine Außerirdischen, um uns selbst unheimlich zu werden. Jedenfalls zeigt dies der überspitzte Roman von Doron Rabinovici, der aber keinesfalls ein Science-Fiction-Roman, sondern eine ironische Gesellschaftskritik ist.

Das Buch liest sich wie ein wahnwitziger Irrsinn, der durch seinen Humor und die überdrehte Handlung Spaß macht. Doch gegen Ende bleibt der Witz nur noch dezent im Halse stecken und es wird immer spannender und rasanter. Es geht um die Frage nach Schuld, Verantwortung, Toleranz und Machtgier. Rabinovici spielt mit der Verkettung von Verschwörungstheorien und der Macht der Medien am Beispiel von Fernsehshows. Es beginnt mit unsichtbaren Fremden, die den Menschen Angst machen und endet mit einem erneuten Holocaust.

Eines Morgens heißt es plötzlich, die Außerirdischen seien da. Sol und seine Frau Astrid hören es in den Nachrichten. Er ist ganz gebannt und glaubt den Meldungen, während Astrid sich an Orson Welles Radioversion von H.G. Wells erinnert und es für einen Witz hält. Sol ist Mitbegründer eines Online-Magazins „smack.com“, das sich mit Ernährung beschäftigt und ist immer mehr von der Wahrheit der Nachricht über die Landung der Außerirdischen überzeugt. Die Menschen geraten in Panik, es kommt zu Plünderungen und das Chaos bricht auf den Straßen aus. Dann breitet sich eine erneute Meldung aus, die Aliens sollen sanftmütig sein und es bestünde kein Grund zur Panik. Doch meiden sie weiterhin jeden Kontakt. Sol und sein Team berichten nicht mehr über Rezepte und Ernährungstrends, sondern sind mit aktuellen Interviews, Darstellungen und Reportagen ein Sprachrohr für die Menschen geworden und ihre Talkshows sind stets aktuell und dicht an den Ereignissen. Sie meinen, Meinungen wiederzugeben, aber dabei sind sie es, die beständig das Meinungsbild entwerfen.

Eine neue Meldung sickert durch. Die Außerirdischen, die auf der Welt für Aufschwung und Frieden gesorgt haben sollen, möchten ein Glückspiel starten. Ein globaler Wettbewerb der auf Freiwilligkeit beruhen soll. Denjenigen, die die ersten drei Plätze machen, winken unglaubliche, galaktische Preise. Alle die teilnehmen werden Stars. Da ist nur ein kleines Häkchen. Wer verliert, wird geschlachtet. Langsam keimen in Sol die Fragen um seine Mitschuld und an den Hintergründen der Spiele. Wer profitiert tatsächlich davon?

Die Handlung nimmt rasant Fahrt auf, als ein Nachbar von Astrid und Sol sich freiwillig für die Show melden möchte. Die Menschen sind alle im Bann der Gameshow, fiebern mit ihren Stars und weinen aus Stolz und Mitgefühl mit den Helden, die sich als Lunch den Aliens hingeben. Dabei rücken die eigentlichen Verursacher der Show immer mehr aus dem Bewusstsein… Waren Sie überhaupt da? Was bleibt mit den Gewinnen? Was ist mit den Exobilien? Denn das  Preisgeld und der allgemeine Aufschwung beruhen auf Grundstücken im Kosmos… Ist alles menschengemacht, wie der anfängliche Stromausfall, der auf menschliches Versagen zurückzuführen war?

Ein politisch, gesellschaftlicher und moralischer Zeigefinger, der aus dem All auf uns zeigt und ziemlich launigen Lesespaß verspricht.

„Fest steht nur, dass wir – auf uns allein gestellt – noch immer da sind. Und das allein kann unheimlich genug sein.“

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2 Kommentare

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2 Antworten zu “Doron Rabinovici: „Die Außerirdischen“

  1. Lieber Hauke,
    ich habe mich schon beim Lesen über diesen Roman im Suhrkamp-Katalog gefragt, ob die Geschichte trägt oder doch ein bisschen schrill und überdreht ist, vielleicht auch mit zu viel Klamauk daherkommt. Wenn ich deine Besprechung lese, dann scheint der Roman dich aber überzeugt zu haben, dir jedenfalls eine Menge Lesespaß beschert zu haben. Es ist also, auch wenn die Ausgangssituation aussieht wie Science-Fiction, eine Geschichte, der man gerne folgt?
    Viele Grüße, Claudia
    PS: Es gibt den Blog ja noch! Hat paypal sich gemeldet?
    PPS: Karan Mahajan lag hier zu Hause schon und erwartete mich aus dem Urlaub.

    • Liebe Claudia,
      mir hat das Buch irgendwie Spaß gemacht. Es ist voller böser Satire und durch den ironischen Ton hat es mich gepackt.
      Danke für Deine liebe Unterstützung. Es war nicht ganz so einfach mit der Verlängerung. Aber wir haben es endlich hinbekommen.
      Ich wünsche Dir einen schönen Urlaub!
      Liebe Grüße, Hauke

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