Dana Grigorcea: „Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen“

Dana Grigorcea Die Dame mit dem maghrebinischen Hündchen Dörlemann

Diese Novelle ist ein kleiner Tanz um die Sehnsucht nach Zuneigung, Liebe und Kunst. Eine Geschichte von Menschen, die ein gutes Leben führen und eigentlich glücklich sein könnten. Sie leben in Zürich und haben keine tatsächlichen Sorgen. Es sind Menschen, die das Leben anderer bereichern, verschönern oder sogar verbessern. Doch das Leben und die Liebe sind ihnen entglitten. Sie sind verheiratet, aber vermissen anscheinend die Leidenschaft in der Beziehung.

Die Protagonistin, Anna, ist Angestellte der Bühnen Zürichs. Sie ist Balletttänzerin sowie bei einigen Produktionen mitverantwortlich. Sie hat ein gewisses Alter und eine bestimmte Bühnenpräsenz erreicht, dass sie jetzt sogar in den Nebenrollen mehr Ausstrahlung hat als bei ihren damaligen Solodarbietungen. Sie ist eine gefragte Künstlerin und tanzt diverse große und kleine Rollen. Jedoch ist sie innerlich leicht unzufrieden. Mit ihren Kollegen, vor und hinter der Bühne, mit ihrer Ehe und mit sich. Sie will mehr Leidenschaft für das Stück, die Rolle, für die Kunst und im Leben. Ihr Mann ist Arzt und hat immer die Bilder seiner Frau um sich. Es sind Bilder der Proben, Plakate oder der gelungenen Aufführungen, die seine Praxis zieren. Es sind aber lediglich nur Abbilder seiner Frau. Seine Ehe mit ihr erfüllt ihn mit Stolz und er schmückt sich gerne mit ihr und genießt es in der Künstlerszene dabei zu sein.

Eines Tages im Frühling an der Seepromenade trifft Anna auf Gürkan. Das anfängliche Gespräch dreht sich um ihren Hund. Gürkan ist ein verheirateter Kurde, der als Gärtner die Grünflächen der Städte verschönert. Sie treffen sich fortan nun öfters, während er noch in Zürich tätig ist. Aus dem Flirten, dem leichten Verliebtsein wird mehr. Sie fühlen sich sehr verbunden und es keimt eine ungewöhnliche Liebe. Als er seine Arbeit in Zürich beendet, werden die heimlichen Treffen seltener. Sie führt weiterhin ihr gutes Leben im Herzen der Gesellschaft. Sie taucht ganz ein in die Kunst und Kultur und reist sogar nach Venedig. Doch wandern ihre Gedanken stets zurück zu jenem anderen, neuen Mann in ihrem Leben. Nichts ist mehr wie zuvor. Sie möchte ihn erneut sehen.  Sie möchte ihn auch nicht mehr nur heimlich treffen. Aber beide sind verheiratet und werden geliebt und sind Teil ihres Freundes-, Familien- und Kulturkreises.

Ein kleines Büchlein voller Sehnsucht nach Sinn und Sinnlichkeit. Eine Liebeserklärung an die Kunst, besonders an die darstellende Bühnenkunst. Doch tauchen im Test auch andere Themen auf. Die Frage der Integration, der Gesellschaft und ihrem Umgang mit Fremden. Anna ärgert sich innerlich, dass man gleich bei der Nennung des Namens oft nach der Herkunft fragen würde. Wie man sich eigentlich sonst nur nach der Rasse eines Hundes erkundigen würde. Es ist die Schlichtheit, die diesen Text besonders macht. Gleich den Gesprächen zwischen Anna und Gürkan, deren Schlichtheit etwas Wahrhaftiges hat. Alle Dinge im Leben haben ihren angedachten Platz. Wie bei einem Tanz, der gänzlich choreografiert und eingeübt wurde. Der fragile Tanz, der ganz leicht, fast schwerelos erscheint, ist doch erst durch enorme Kraftaufwendung und Körperspannung durchführbar. Das wahre Kunstverständnis ist reine Leidenschaft und Mitgefühl. Jede Bewegung, die wir machen, setzt eine Bewegungsfolge in Gang und beinhaltet immer eine neue Möglichkeit, die wir für uns, für die Kunst und im Leben nutzen können.

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