Johan Bargum: „Nachsommer“

Johan Bargum Nachsmommer Mare

Johan Bargum hat bereits mit der „Septembernovelle“ gezeigt, dass er es versteht, mit ganz kurzen Szenen und Sätzen eine Tiefe zu erzeugen. Das anfänglich Einfache und Schlichte gewinnt immer mehr an Bedeutung. Mit wenigen Worten wird die Geschichte zweier ungleicher Brüder und einer verpassten oder nicht gelebten Liebe erzählt.

Doch am Ende ist es genau diese Frage, ob die verschenkte Liebe nicht doch aus freien Stücken in andere Richtungen wahrgenommen wurde. Das Buch hat ganz zarte, melancholische Töne. Ein kurzer Aufenthalt im skandinavischen Spätsommer lässt einen tiefgründigen Einblick in ein Familienleben zu. Eine Familie, die getrieben ist von Hoffnungen, Rivalitäten, Trauer und Versäumnissen.

Schon immer stand der Erzähler, Olof, im Schatten seines Bruders Carl. Der Vater ist früh verstorben und ein Freund der Familie, Tom, wird die väterliche Bezugsperson der Jungs. Carl ist selbstbewusst, kräftig und auch mal bei einer Rangelei in der Schule der Beschützer des älteren Bruders. Olof ist schon als Kind voller Eifersucht, denn Carl wirkt auch stets als der Liebling der Mutter. Immer wieder muss er sich die Ermahnungen der Mutter: „Schieb nicht die Schuld auf deinen kleinen Bruder“ anhören.

Carl zieht später aus Karrieregründen in die USA und gerät somit bei der Mutter in Ungnade. Diese hat die Trennung nie akzeptiert und überwunden. Viele Jahre später liegt die Mutter im Sterbebett und Tom ruft die beiden Sohne an, damit diese in das Sommerhaus in den Schären kommen, um von der Mutter Abschied nehmen zu können. Das Zusammentreffen wird beständig unharmonischer und die Zerwürfnisse treten immer mehr in den Vordergrund. Carl, der mit seiner Frau, Klara, und ihren beiden Kindern aus den Staaten angereist ist, plant eine zügige Abwicklung der Geschehnisse. Olof trifft nach langer Zeit wieder auf Klara, die Frau seines Bruders, mit der er eine eigene Vergangenheit hatte. Das, was Olof meint in seinem Leben verpasst zu haben, tritt ihm durch diese Zusammenkunft schmerzlich entgegen.

Eine Erzählung in der wunderschönen Natur, die die Versäumnisse der Protagnisten beleuchtet und mit sehr wenig Worten und Szenen ganz viel erzählt. Ein psychologischer, atmosphärischer und wunderbarer Roman.

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