Dorothy Gallagher: „Und was ich dir noch erzählen wollte“

Der neu gegründete aki Verlag hat im ersten Programm fünf Frauenleben in den Mittelpunkt gestellt. Wir können das Leben von anderen nicht gänzlich kennen und schon gar nicht im großen Umfang verstehen. Diese schöne Buchreihe lädt nun ein, genauer hinzuschauen. Der erste Blick fällt auf Dorothy Gallagher. Sie wurde 1935 als Tochter russisch-jüdischer Emigranten in New York geboren.

Sie schrieb Artikel über das glamouröse Amerika, um sich auf finanzielle Füße zu stellen. Bevor sie sich selbständig machte, war sie Redakteurin beim Magazin Redbook und schrieb unter anderem für die New York Times. Sie hat auch einige Bücher geschrieben. Unter anderem die Biographie des italienisch-amerikanischen Anarchisten Carlo Tresca, die in dem vorliegenden Werk auch eine Bedeutung erhält. In „Und was ich dir noch erzählen wollte“ spricht sie aus dem Herzen ihren verstorbenen Mann an und erzählt, was sie ihm persönlich erzählen wollte. Der Text ist somit ein bewegendes Dokument an mäandernden Erinnerungen, voller Tiefgang und Geschichten. Sie verwebt mit dem Buch ihre Gegenwart mit der Vergangenheit, von der sie sich nicht lösen mag, sich aber dennoch stückweise verabschiedet.

Ihr Mann, Ben Sonnenberg, Publizist und Verleger, starb 2010. Er litt an Multipler Sklerose, die seinen Körper, aber nicht seinen Geist lähmte. Dorothy Gallagher blickt auf ihr Leben mit ihm, auf die Zeit und die Leere, die er nun hinterlassen hat. Sie hat es in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr ausgehalten und ist umgezogen. An ihrem neuen Lebensabschnitt lässt sie in Worten eingefangen die Leser teilhaben. Sie schreibt es aber für ihren Mann und unterbricht ihre eigentliche Arbeit an einem Buch. Sie kommt in einen Schreibfluß und fängt ein, was sie noch sagen wollte. Dies bewegt und fasziniert sehr. Ihre Gedanken und Erinnerungen sind nicht sentimental, sondern schön und tröstlich.

Sie blickt auf ihren Alltag in New York, sie erzählt von ihren Hunden und der Katze. Sie erinnert sich an ihre ersten Schreiberfahrungen und die geliebte Schreibmaschine. In den Brennpunkt ihres Fokus stellt sie stets ihre Erinnerung an ihren Mann, der ihr sehr fehlt. Das Werk ist eine zarte, tiefgründige Liebeserklärung. Dabei beschreibt das Buch keine reine Liebesbeziehung, sondern ist auch ein Zeitdokument mit der ganzen Würze des Lebens. Aus dem amerikanischen Englisch von Monika Baark

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