Leonardo Padura, geboren 1955 in Havanna, zählt zu den zeitgenössischen Schriftstellern seiner Heimatinsel. Er ist im deutschen Sprachraum unter anderem mit seinem „Havanna-Quartett“ bekanntgeworden. Im Jahr 2012 wurde ihm der kubanische Nationalpreis für Literatur zugesprochen.
Sein neuer Roman: „Ketzer“ ist eine perfekte Mischung aus historischem, Gesellschafts- und Kriminalroman.
Der Roman beginnt mit einem beschämenden Vorfall der Geschichte Kubas. In der Woche vom 27. Mai bis 3. Juni 1939 lag das Linienschiff „MS St. Louis“, das zwei Wochen vorher in Deutschland mit 937 europäischen Juden Hamburg verlassen hatte. Die Tragödie bestand darin, dass man den Flüchtlingen aus Deutschland, trotz ihrer in der kubanischen Botschaft Berlins erworbenen Visa, verweigert an Land zu gehen. Nachdem die Regierung der vereinigten Staaten und Kanada die Einreise verweigerte, mussten sie nach Deutschland zurückfahren. Am Bord befanden sich der Arzt Jesaja Kaminsky, seine Frau Esther Kellerstein und Judith, ihre kleine Tochter.
An Land, im Hafen und an der Mole von Havanna warten viele auf Ihre Familien. Unter ihnen ist Daniel Kaminsky, der auf seine Eltern und seine Schwester wartet. Doch die Einreise wird verweigert, das Schiff fährt mit seiner Familie zurück nach Europa.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Chronologisch beginnt er 1642 in Amsterdam, aber er reicht bis in die Gegenwart.
Amsterdam, 1648: Elias, ein Schüler Rembrandts, wird vom mächtigen Rabbinerrat aufgrund seiner Malleidenschaft aus der Stadt verstoßen. Der Meister selbst gibt ihm sein Porträt mit auf den Weg ins Exil. Dieses Bild kommt mit seiner Familie nach Kuba. Die Nachkommen wandern zu Beginn der 60er Jahre in die USA aus.
2008 kommt ein junger Jude nach Kuba, um die Geschichte seiner Familie zu rekonstruieren und sich auf die Suche nach dem Bild zu machen, denn in London ist 2007 ein bislang unbekanntes Christus-Porträt von Rembrandt bei einer Auktion aufgetaucht.
Auf der Suche nach seiner Familiengeschichte lernt er Mario Conde, den Protagonisten aus dem „Havanna-Quartett“ von Padura, kennen. Dieser ist mittlerweile nicht mehr Inspektor sondern Buchhändler. Mario Conde macht sich auf die Suche nach den Geheimnissen des Christusbildes und der Familie Kaminsky. Der Fall führt ihn durch die Jahrhunderte und die Spur zieht sich um die halbe Welt.
Ein lesenswerter Roman über die Suche nach der Freiheit und über den schmerzhaften Verlust von Hoffnung und Illusionen.
Ein einfacher, aber schön zu lesender historischer Entwicklungsroman mit Zügen eines Kunst-, Gesellschafts- und Kriminalromans. Padura setzt in diesem Roman sein bestes Können ein: sein Gespür für gute Detektivgeschichten und seine exzellente Recherche historischer Fakten.