Andrea De Carlo: „Ein fast perfektes Wunder“

Ein fast perfektes Wunder De Carlo Diogenes

Ein Buch, das sich gleich einem leckeren Eis oder einem tollen, eingängigen Rock Song wegschlecken lässt. Somit sind die beiden Hauptkomponenten des Romans bereits erwähnt. Für mich war es ein Wohlfühlbuch, in dem etwas Flair eines Jennifer Aniston-Films auf Wesenszüge von Ritchie Blackmore stößt. Es geht um Protagonisten, die sich in ihrem Leben festgefahren haben und durch das zufällige Treffen zur Besinnung kommen und ihr wahres Glück suchen.

Die Heldin,  Milena, ist eine Italienerin, die nach mehreren Enttäuschungen nach Frankreich ausgewandert ist. Nach unglücklichen Beziehungen mit Männern hat sie auch vorerst mit diesem Geschlecht gebrochen. Sie lebt mit ihrer Lebenspartnerin Viviane in einem Städtchen in der Provence. Sie hat aber ihr wahres Glück dennoch noch nicht gefunden. Auch in dieser Beziehung kriselt es, denn Milena ist nicht bereit für weitere, ernstere Bindungen und schon gar nicht kann sie sich auf den Kinderwunsch ihrer Partnerin einlassen. Ihre Leidenschaft ist ihr Eiscafé und sie probiert ständig neue Geschmacksrichtungen aus. Ihre Kreationen von neuen Eissorten haben ihr einen guten Ruf beschert. Ebenfalls ihre Verpackungen von größeren Eismengen, die sie stets mit handgeschriebenen Zitaten, gleich einem Glückskeks, ausliefert, haben sich herumgesprochen. Ihr Café wird nicht nur für die Touristen eine Anlaufstelle während der Saison, die nun langsam endet. Der Roman spielt an wenigen Tagen und beginnt an einem Mittwoch. Es kommt mal wieder zu einem Stromausfall im ganzen Ort. Sollte nun die Kühlung länger ausfallen, droht ihr Eis zu verderben. Gerade als sie ihr Eis lieber verschenken möchte, trifft eine Großbestellung ein. Es wurden zehn Kilo Eis bestellt, die sie zu einem nahegelegenen Landhaus liefern soll. Gleichzeitig ist der Landhausbesitzer Nick mit einem landestypischen dreirädrigen Fortbewegungsmittel unterwegs. In ihm rumort der typische Rebell, der einen Rockstar wohl ausmacht. Aber auch eine leichte Paranoia hat sich in ihm festgesetzt und er beobachtet alle Menschen mit Misstrauen. Nick ist der Frontmann der berühmten „Bebonkers“. Der Musiker setzt das Dreirad bei der Fahrt durch einen Olivenhain gegen einen diese schönen Bäume. Er ist Engländer und ähnlich wie Milena durch mehrere Enttäuschungen gegangen. Er hat mehrere Ehen durchlebt und lebt nun mit Aileen zusammen. Sie ist eine Modedesignerin und Erfinderin eines Anti-Leders.

Ein Benefizkonzert ist geplant und eine Menge Rockfans aus aller Welt und weitere Stars werden erwartet. Tief in sich spürt Nick etwas anderes, er hat eine andere Seite und möchte doch lieber zarte Melodien auf seiner Mandoline zupfen. An jenem Mittwoch kommt er durch den Unfall genervt auf sein Landwesen zurück. Das gemeinsame Essen steht bevor und er ist der einzige, der das von der Köchin liebevoll gekochte Risotto zu würdigen weiß. Als Nachtisch gibt es Eis aus der Region, das ihn im wahrsten Sinne verzaubert….

Milena fährt nach der Lieferung nachhause und muss sich den Gesprächen mit Viviane stellen. Erneut drehen sich die Unterhaltungen um künstliche Befruchtung, Samenspende und ihre Partnerschaft. Als sie dann von ihrer Großbestellung erzählt, ist es Viviane, die Milena erzählen muss, wer denn wirklich ihr Kunde war, den alle Welt, außer anscheinend Milena, kennt.

Es treffen in der nun folgenden unterhaltsamen Lektüre diese beiden Welten zusammen. Beide leben für ihre Leidenschaft. Die Liebe aus den einfachsten, handverlesenen Zutaten oder aus den künstlerischen Ideen das Beste herauszuholen. Sie versuchen beide, Wunder zu vollbringen, sie mit ihren Eiskreationen und er mit seiner Musik.

Andrea de Carlo ist Fotograf, Maler und Rockmusiker. Daher sind in diesem Roman seine eigenen großen Themen eingeflossen. Er beweist aber auch erneut seine humorvolle Seite. Es tauchen abgewrackte Rocker, Story-heischende Reporter und berechnende Manager auf. Das Buch bietet gute Unterhaltung und versucht aufzuzeigen, dass es sich lohnt, sein Leben in die Hand zu nehmen und gegebenenfalls routinierte Gewohnheiten, die nicht zu einem passen, über Bord zu werfen.  Ein Roman, der sich wie ein dahinschmelzendes Eis liest und einen wohligen Geschmack hinterlässt. Die Protagonisten, die stets mit ganzem Namen genannt werden, wachsen einem irgendwie ans Herz, gleich einem unaufdringlichen und unaufgeregten, geradlinigen Rock Song.

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