Zoë Beck: „Paradise City“

Beck Paradise City Suhrkamp

Ein Zukunfts-Thriller, der unsere Gegenwart nur etwas weiterdenkt. Was wäre, wenn in der Orwell-Welt unsere heutigen Errungenschaften bereits möglich gewesen wären? Was, wenn man diese Möglichkeiten für die Zukunft weiterspinnen würde? Was würde jener Big Brother alles damit machen? In dem Werk von Orwell „1984“ wird auch durch kleinste Hinweise ein Bild im Leser geweckt. Bei Orwell ist es gleich am Anfang die Uhrzeit, die eine Verschiebung der Realität verrät. Zoë Beck versteht es ebenfalls, durch  kleinste Bilder große Welten aufzubauen.

Zoë Beck hat eine Vorliebe für Science-Fiction und schreibt nach „Die Lieferantin“ einen Roman, der in der verlängerten Gegenwart spielt. Doch ist diese paradiesische Stadt kein wirkliches Traumland und spielt nach jener Klima-Katastrophe, auf die wir zusteuern könnten. Durch eine Pandemie sind viele aus der Bevölkerung gestorben. Doch ist dieser Roman fern von einer Spiegelung der jetzigen Corona-Krise (auch wurde das Buch weit vorher geschrieben und lag mir vor der Epidemie als Manuskript vor – Danke Zoë!). Es ist tiefgründig und baut dabei ein spannendes Szenario auf.

Es spielt in Deutschland und die heutige Küstenlinie hat sich gänzlich gewandelt. Weite Teile des Landes sind entvölkert und die Menschen, die eine große Pandemie überlebt haben, leben in geballten Städten. Berlin ist lediglich eine Touristenattraktion. Die Hauptstadt ist Frankfurt, die mit dem ganzen Umlandbezirk zu einer Megacity gewachsen ist. Das Leben wird reglementiert. Die Technologien bestimmen und kontrollieren den Alltag. Für alles gibt es die passende App. Auch die Gesundheit wird ständig über eine solche kontrolliert. Es wird sich um einen gekümmert. Alles wird mehr oder weniger bestimmt, auch der Wohnraum muss beantragt und genehmigt werden.

Durch diese Zentrierung des menschlichen Lebens erobert sich langsam die Natur ihren Raum zurück. Dabei kommt es ab und zu wohl auch zu tierischen Übergriffen. Die Heldin, Liina, ist Journalistin und arbeitet für ein nichtstaatliches Nachrichtenportal. Eigentlich sollte sie gerade eine brisante Geschichte übernehmen, doch wurde sie kurzfristig zu einer banal klingenden Recherche geschickt, weil anscheinend erneut Tiere auf Menschen losgegangen sind. Während Liina widerwillig dieser Story nachgeht, passiert ihrem Chef und heimlichen Geliebten, von dem sie ein Kind erwartet, ein traumatischer Unfall. Er ist vor einen einfahrenden Zug gestürzt. War es Suizid oder wurde er gestoßen und die Täter haben moderne Videoblocker verwendet? An welcher brisanten Geschichte hat er gerade gearbeitet, die eigentlich Liina zugesagt wurde? Als dann auch noch die Kollegin stirbt, mit der er zuletzt Kontakt hatte, wird für Liina klar, es handelt sich um ein Komplott. Ihre Recherche wird immer beklemmender und sie kommt einer Wahrheit auf die Spur, die sie in große Gefahr bringt.

Ein fesselnder Thriller. Die Figuren sind sehr plastisch ausgearbeitet und die Bilder, die beim Lesen entstehen, wirken cineastisch. Das Szenario ist erschreckend glaubwürdig und die Handlung des Romans wird immer spannender. Ein verflochtener Roman, der als Spannungsroman, aber auch als Gesellschaftskritik und Warnung zu lesen ist. Ein zum jetzigen Zeitpunkt lesenswerter und passender Thriller.

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2 Kommentare

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2 Antworten zu “Zoë Beck: „Paradise City“

  1. Ein Buch ganz nach meinem Geschmack. Gut, dass es schon auf dem Stapel liegt. Viele Grüße in den Norden

  2. Mich hat sofort das Cover angesprochen und nach deiner Rezension habe ich jetzt direkt Lust bekommen, auch in die Geschichte einzutauchen. Danke für die Inspiration! 🙂

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