Was ist es, das uns Menschen verbindet? Was hält die Menschenwelt im Innersten zusammen? Ist es Liebe? Geld? Machtstreben?
Liebe wohl, aber es sind auch Geschichten. Geschichten gehören in unseren Wesenskern und in jeder Mythologie werden Geschichten dazu benutzt, die Welt zu begreifen. Ebenso taucht man als Leser des Buches „Die Straße der Geschichtenerzähler“ von Kamila Shamsie in eine ferne, fremde und bunte Welt voller Verrat, Unterdrückung und dem Streben nach Freiheit ein und versteht durch diese Lektüre etwas mehr vom Werdegang der Menschheit. Es ist keine typische Liebesgeschichte zwischen Orient und Okzident.
Das Buch beginnt und endet mit den Rückblicken ins Jahr 515 vor Christus als Skylax als Erster den Indus erforschte und einen Silberreif sein eigen nannte, der Jahrhunderte später die Archäologen immer noch beschäftigte.
Die Handlung beginnt 1914 in der Türkei. Die junge Archäologin Vivian Rose Spencer wurde eingeladen bei den Ausgrabungen von Labraunda mitzuarbeiten. Das Team besteht aus Deutschen, Türken und Engländern und geleitet wird dieses von Tashin Bey, einem engen Freund ihrer Familie. Er war es auch, der in ihr das Interesse an Geschichte weckte, als sie noch ein sehr junges Mädchen war. Aus ihrer anfänglichen Freundschaft wird engere Zuneigung und Liebe. Als sie zusammen in Konstantinopel sind, erfahren sie vom Ausbruch des Krieges und aus Freunden im Team werden plötzlich Feinde. Vivian kehrt zurück nach London zu ihren Eltern, um als Krankenschwester zu arbeiten. Ihr Vater, der sich eher einen Sohn gewünscht hätte, würde sie lieber als Sanitäterin an der Front sehen. Ein hoher Offizier und Freund des Vaters bittet Vivian um ihre Aufzeichnungen und Skizzen aus der Türkei und sie verrät ihm Tashins Sympathie für die armenische Widerstandsbewegung.
Als Vivian an Überschöpfung leidet und eine Botschaft von Tashin sie erreicht, schafft es ihre Mutter, sie aus dem Dienst zu befreien und ihr eine Reise nach Peschawar zu ermöglichen.
Ferner lernen wir Qayyum Gul kennen, einen paschtunischen Soldaten, der für das Empire kämpfte. Als die Deutschen erstmals Chlorgas einsetzen, wird er schwer verwundet und verliert ein Auge. Er kehrt 1915 nach Peschawar zurück und dort verknüpfen sich die Geschichten. Vivian wird für dessen Sohn Najeeb Gul das, was Tashin damals für sie war, und weckt in Najeeb das Interesse an Geschichte.
Später, 1928, arbeitet Najeeb als Assistent für das Peschawar Museum. Vivian lehrt als Archäologie-Dozentin an der Londoner Universität und Qayyum hat sich der Friedensbewegung angeschlossen. Als Najeeb wieder Kontakt zu Vivian aufnimmt, reist sie erneut nach Peschawar, um ihn bei seinen Ausgrabungen zu unterstützen. Doch dann ereignet sich ein dramatischer Zwischenfall in der Straße der Geschichtenerzähler…
Das Buch beinhaltet eine komplexe, bunte Geschichte, voller historischer Hintergründe und Emotionen und zeigt wie Weltreiche entstehen und zerfallen. Trotz der Fülle bleibt es ein zugänglicher Schmöker, der durch die sinnliche und reale Sprache gut zu lesen ist. Beim Beenden des Textes meint man selber viel erlebt zu haben und es bleiben Bilder der schönen Gärten von Peschawar, der Ausgrabungsstelle Labraunda sowie der blutigen Straßen des Quissa Khawani-Basars im Kopf des Lesers.
„Kamila Shamsie verfügt über außergewöhnliche erzählerische Kraft.“ Salman Rushdie
Ich habe den Roman im Rahmen einer Leserunde gelesen und die Meinungen waren sehr gespalten. Mal vom Anfang und Ende abgesehen, konnte mich das Buch nicht überzeugen. Aber glücklicherweise sind die Geschmäcker ja verschieden!
Danke für Deine Antwort und Meinung. Das Buch ist ein Schmöker, der mich unterhalten hat. Liebe Grüße, Hauke
Das ist toll! Ich finde es toll, dass es so eine Vielfalt an Büchern und auch an Lesevorlieben gibt – das lässt jede Menge Raum für Austausch 🙂