Wieder ist es einem Kriminalroman gelungen, in mir Fernweh zu erwecken, denn was ich besonders an Krimis mag, sind meistens die Schauplätze. Im Buch „Lass mich leben, Istanbul“ wird man als Leser förmlich durch die Viertel, Gassen und Straßen von Istanbul getrieben. So ist auch eine der wichtigsten Rollen im Buch die Stadt selbst.
Als Ermittler taucht erneut Remzi Ünal auf („Schnee am Bosporus“ u.a.). Der jetzige Privatdetektiv war vor längerer Zeit Pilot bei der Luftwaffe und dann bis zu seiner Kündigung bei Turkish Airlines beschäftigt. Der ehemalige Kapitän und angehender Schwiegersohn – sofern er seine Angebetete anruft – schlägt sich jetzt mehr oder weniger erfolgreich als Privatdetektiv durch. Wir lernen ihn als einen einsamen, nikotinsüchtigen Kaffeeliebhaber kennen. Er lebt in einem schäbigen Hotel, dessen Namen er sich nicht traut zu sagen, weil es ihm sehr peinlich ist, dort zu wohnen. Dabei würde wohl ein einziger Anruf bei seiner Freundin reichen, damit er wieder zurück könnte…
Morgens wird Remzi Ünal erst richtig zu einem Menschen, wenn er guten Kaffee oder türkischen Mokka getrunken hat. Im Café, in dem er sein Morgenritual durchführt taucht ein junger Internist auf, der seine Freundin vermisst. Sie ist Krankenschwester und seit Tagen verschwunden. Er hat seine Beziehung mit ihr vor dem Kollegium des Klinikums geheim gehalten, daher bittet er Remzi um Hilfe.
Als Remzi den Fall übernimmt und in der Klinik nachfragt, wird er bereits von einem Irren mit einem Skalpell bedroht. Als er eine Freundin der Vermissten aufsucht, findet er nicht nur die Freundin sondern eventuell auch die Gesuchte, die aber im Trubel verschwinden kann, denn in der Wohnung liegt im Schlafzimmer ein toter junger Arzt.
Alles beginnt aus dem Ruder zu laufen, als auch noch drei Schlägertypen auftauchen, dessen Anführer sich, wie sich etwas später herausstellt, als ein Bandenchef ausgibt, für den er selbst eigentlich ab und zu arbeitet.
Als der Fall sich etwas zu entwirren scheint, wird erst deutlich, in was für ein Wespennest gestochen wurde, denn eine ominöse Klinik behandelt mit zweifelhaften Methoden Patienten gern auch aus dem kriminellen Umfeld.
Die Verwicklungen steigern sich laufend und der Krimi liest sich zügig und macht Spaß. Mit leichtem Witz, Sarkasmus und einem bösen Blick auf die Korruption der Gesellschaft. Ab und zu etwas übertrieben, besonders dann wenn Remzi Ünal sich körperlich zur Wehr setzen muss und auch bei überzähligen Angreifern als Held hervorgeht. Das Ende erinnert etwas an Agatha Christie, denn alle Beteiligten treffen sich und der Fall wird in dieser Runde letztendlich gelöst.