Ein spaßiges Psychogramm. Eine kluge Einsicht einer Frau, die ihre Melancholie und Trauer mit Zynismus und Trotz zu verbergen versucht.
Wir erleben eine Frau, Elsa, die dem Verlust der Liebe nicht mit Depression begegnet, sondern mit Wut und Protest. Sie verabscheut Phrasen und stellt unangenehme Fragen ohne selbst welche zu beantworten. Sie geht stets mit falschem Namen im Stau auf ausgewählten Autobahnen auf Männerjagd. Sie überzeugt ihre „Opfer“ mit ihr einen Kaffee trinken zu gehen. Meist provoziert sie die Gesprächspartner und wartet auf tiefgründige Antworten oder Texte, die aber doch selten kommen. Daher bleiben es immer kurzweilige Bekanntschaften für launige Minuten. Sie sucht vergeblich nach einem Menschen, der ihr standhält. Sie tritt als Menschenfeind auf und doch kümmert sie sich um ihre Nachbarin, die sie als Tante bezeichnet.
Auch ihre Arbeit macht sie nicht glücklich. Sie schreibt für ein Käseblatt die Beiträge von Eröffnungen und Feiern der Umgebung. Ihr Traum ist es endlich ihr Buch zu vollenden. Doch ist sie innerlich leer. Sie fordert ihr Schicksal heraus und lässt sich nach einem selbstprovozierten Unfall in eine Nervenklinik einweisen. Doch auch dort ist sie fehl am Platz und wird auch durch ihr verbal-aggressives Verhalten entlassen. Als ein alter Freund sie, d.h. ihr Wesen, nicht wiedererkennt und sie meidet, lernt sie in einer sozialen Küche, einen obdachlosen Koch kennen. Sie kündigt ihre Wohnung und den Job. Mit dem ehemaligen Koch fährt sie nach Amrum, damit dieser endlich das Grab seiner verstorbenen Frau besuchen kann. Mit dabei ist die leicht demente Nenntante. Hier öffnet sich Elsa langsam und kommt weg aus der inneren Hektik. Sie lernt auf der Nordseeinsel Justus kennen, der nicht so reagiert wie die bisherigen Gesprächspartner.
Das Buch lebt von den witzigen Dialogen und Situationen. Die Gespräche und Gedankengänge sind oft tiefgründig, klug und zu Teilen sehr, sehr witzig. Es sind grundlegende Fragen nach dem Sinn des Lebens. Was lohnt sich zu lernen bzw. zu erfahren, wenn das Bewusstsein mit dem Ableben doch auch erlischt? Warum reden wir von Zeittotschlagen, wobei es doch unser höchstes Gut ist? Das Unbehagen der Protagonistin ist das projizierte Unwohlsein einer wohl verwöhnten Gesellschaft, die sich nicht traut dem eigenen Bewusstsein und dem Gegenüber Raum zu geben und diesen auch in Teilen aufzunehmen und zu versuchen zu verstehen.
Ein irrer, humorvoller Roman, der eventuell eher weibliche Leser ansprechen könnte, mir aber auch sehr viel Freude gemacht hat. Ich mag eigentlich keine solche Einteilung, die meisten Bücher sind – so finde ich – geschlechterlos. Dies Buch macht jedenfalls Spaß und unterhält auf kluge Weise.