And now for something completely different…
Am Sonntag habe ich „Der Pfau“ gelesen und danach einfach bei Facebook über meinen Leseeindruck folgenden Satz geschrieben: “…verspricht britischen Humor. Darauf hatte ich Lust, aber gelesen habe ich eher Ohnesorg-Theater…“ Mein Satz hat doch wohl für „Stimmung“ unter meinen Lesern gesorgt. Daher muß ich mich wohl erklären. Ich gebe zu, es kann an mir liegen – aber wozu ist die Literatur da? Sie kann gleich jeglicher Kunst nur anregen, was im Betrachter vorhanden ist oder aufgenommen werden kann. Ein gutes Buch sollte die Emotionen oder den Verstand des Lesers packen, wenn nicht sogar fesseln. Bei mir hat der arme Pfau nur einen Hauch von Unterhaltung hinterlassen.
Die Autorin ist auch keine Unbekannte, sie hat für viele tolle Übersetzungen gesorgt. Auch hat die liebe Caterina von „SchöneSeiten“ einen ganz anderen Leseeindruck vom Buch gewinnen können.
Das Buch verspricht durch die schicke Aufmachung und den Umschlagstext eine subtile Komödie und zieht den Vergleich zu der Serie „Fawlty Towers“ von John Cleese. Die Handlung spielt in ländlicher Idylle am Fuße der schottischen Highlands. Lord McIntosh vermietet Zimmer seines Herrenhauses, um die Instandhaltungskosten zu erwirtschaften. Das ärmliche Haus hat wenig zu bieten, ist aber wegen der Lage und Abgeschiedenheit gefragt. Es gibt auch viel Getier auf dem Hof, wobei eine Gruppe von Pfauen die Naturverbundenheit der McIntoshs symbolisieren soll. Der arme Held des Buches, der verrückt gewordene Pfau, geht auf alles los, was blau ist. Neben Mülltüten und Spielzeugen hat er es auch auf das Auto der Hausherrin abgesehen.
An einem Wochenende reist eine vierköpfige Abteilung einer Bank nebst Chefbankerin und einer eigenen Köchin an. Mit dabei ist eine Psychologin für die geplante Teambuilding-Maßnahme. Doch jedes Teamseminar mit der eigenen Chefin kann sich fraglich gestalten. Alle Pläne werden allerdings durch den Pfau durcheinander geworfen. Als der wohl liebestolle Pfau in dem blauen Wagen der Chefin einen Liebeskonkurrenten wittert, geht er auch auf dieses Auto los. Zum Glück vorerst unbeobachtet von der angereisten Gruppe. McIntosh hat nun doch Angst um seinen Ruf und tötet den armen Pfau. Um die Gäste aber mit dem Anblick eines toten Tieres zu schonen, wird der Leichnam im Wald versteckt. Dummerweise apportiert aber am folgenden Morgen der Hund der Chefin den Vogel und legt ihn ihr zu Füßen. Diese will nun wiederum nicht, daß die Gastgeber mitbekommen, daß der Hund einen Pfau gerissen hat und will nun wiederum ihrerseits das Tier verschwinden lassen. Vorerst weiht sie nur einen aus der Gruppe ein. Aber die Kreise ziehen sich bis zur Köchin und deren Kochkünsten… Die Frage wird, was wurde gekocht – Pfau, Fasan oder Gans ? – Ein Karnivoren-Witz? Als dann noch der Wintereinbruch die Abreise verzögert und eine Gans verschwindet, ist das kleine Tohuwabohu perfekt und das Team muß jetzt an sich arbeiten…
Neben den Teambuilding-Maßnahmen verstricken sich nun alle in ihre Geschichte und man verfolgt aus diversen Perspektiven die Bemühungen der Menschen und sogar der Tiere.
Das Buch hat augenscheinlich seine Wurzeln in der britischen Komödie. Auch wird das „Eishaus“ aus einem bekannten Krimi erwähnt, doch dient dies lediglich als Unterschlupf.
Der Stil und die Geschichte haben mich nicht überzeugen können. Am witzigsten war das Buch für mich, als ich mich an eine eigene Situation erinnerte. Während des Seminar-Wochenendes soll das Team eine Hütte bauen und Bilder malen. Jeder der Banker soll ein Schiff malen, das die Bank darstellt, und sich dorthin setzen, wo derjenige sich selber auf diesem Schiff sieht. Ich hatte mal ein Vorstellungsgespräch bei einer großen Buchhandelskette in Hamburg und sollte ebenfalls so ein Bild malen. Ich habe nach Stockmar Wachsmalern gefragt und habe einen Wald mit Eurythmie-„tanzenden“ Buchhändlern gemalt… Das kam nicht wirklich sehr gut an, aber während ich „Der Pfau“ las, habe ich mich daran erinnert und musste lächeln.
Das Buch spielt mit Klischees. Die Banker sind leicht versnobt und können sich mit der Natur vorerst nicht anfreunden. Die störrische Chefin tritt als erstes in Vogelkot und stellt anfänglich ihre Location-Auswahl für das Seminar in Frage, aber am Ende verspürt sie doch eine Hingezogenheit zum Landleben. Mich erinnerte wirklich die ganze Handlung an ein deutsches „Lustspiel“, eine Komödie die temporeich ist, aber ständig das offensichtliche erneut erklären möchte. Ein Buch mit einem typischen Durcheinander und diversen Perspektiven – man sieht auch mal aus den Augen des Hundes…
Die Haptik des Buches hat mit wirklich an einen Pfau erinnert. Ein schönes handliches Format und eine ansprechende Illustration. Doch beim näheren Betrachten hat der Pfau schnell sein schönes Rad vor mir versteckt… Schade!
Da ging es mir wie dir, ich hab mir mehr Unterhaltung versprochen, mehr Tempo, mehr Esprit. Es gleitet dahin, die indirekte Rede macht es recht gestelzt – es liest sich gut und ist völlig okay, für mich aber kein Highlight.
In diesem Falle, lieber Hauke, gefällt mir die Anekdote von Deiner selbstironischen Zivilcourage bzw. Kulturcourage im Bewerbungsgespräch mit der Buchhandelskette am besten.
Ich ERLITT auch einmal ein solches Gespräch und fragte mich die ganze Zeit, ob sie einen kommunikativen, selbstgenügsamen Büchervermittler oder einen profilneurotischen, wettbewerbsorientierten Karriereleitererklimmerer suchten.
Herzlich grüßt
Ulrike von Leselebenszeichen 🙂
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