Ein Samurai war ein Mann der Waffe im vorindustriellen Japan. Ein Mitglied des Kriegeradels, d.h. ein Vertreter des niederen militärischen Feudaladels. Anfang des 17. Jahrhunderts verlor der Samurai seine eigentliche Funktion als Lehensträger und Soldat. In der Regel lebte der Samurai dann als besoldeter Gefolgsmann in der Residenzstadt des jeweiligen Fürsten. Blieb der Samurai auf dem Lande wurden ihm nach und nach seine Rechte entzogen und er wurde in die Bauernschaft integriert.
So auch Hasekura Rokuemon, der als Samurai im seinem Vater und Onkel zugewiesenen Tal lebt und die Ländereien mit Hilfe der Landbevölkerung bewirtschaftet. Das Tal wurde ihnen anstelle ihrer bisherigen Ländereien zugesprochen und es keimt im Onkel weiterhin die Hoffnung, dieses trostlose und dürftige Tal gegen den damaligen Familiengrund bald wieder auszutauschen. Hasekura Rokuemon mag das Leben im Tal, auch wenn es viele Entbehrungen beinhaltet. Als Landesadliger und Samurai führt er ein zufriedenes Leben mit seiner Familie auf dem einfachen, aber eigenen Hof.
Der Roman erhält eine weitere Perspektive, die des spanischen Franziskaners Valasco, der auch ab und zu zum Ich-Erzähler des Romans wechselt. Valasco ist als Missionar in Japan und trotz der Christenverfolgung möchte er die Christianisierung vorantreiben. Sein Traum ist es, Bischof zu werden. Er ist ein egozentrischer Mensch, der fest im Glauben ist, aber vieles gerne für seine Zwecke ausnutzt und manipuliert. Die Japaner vergleicht er oft mit Ameisen, die lediglich funktionieren und zum Selbstopfer zum Wohle der Gemeinschaft bereit sind. Als christlicher Pater geriet er in Gefangenschaft, wurde aber wieder freigelassen, da er auch als Übersetzter tätig ist. Japan sucht die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern, speziell mit Mexiko, damals noch Nueva España. Ein Hafen und ein Schiff, nach spanischen Vorbild sollen gebaut werden und um Spanien zu signalisieren, dass nicht überall die Christen verfolgt werden, soll Valasco nach Nueva España mitreisen.
Auch der Samurai wird aufgefordert, an der Mission teilzunehmen. Er sucht ein Leben außerhalb des Kampfes und legt keinen Wert auf Ruhm und so trifft ihn dieser Befehl recht unerwartet. Doch er gehorcht und er macht sich mit auf die Reise in die Länder der Südbarbaren. Zusammen mit einigen Kaufleuten und Valasco brechen sie 1613 zu der Reise auf. Doch Valasco spielt ein nicht ehrliches Spiel. Ihm ist alles daran gelegen, sich seinen Traum des Bischofssitzes in Japan zu verwirklichen.
Die Japaner treffen auf eine ihnen sehr fremde Welt und werden ebenfalls wie fremde Wesen aufgenommen. Von Mexiko geht es weiter nach Europa, und sie werden vom spanischen Vizekönig und vom Papst in Rom empfangen. Für den Erfolg ihres Auftrags treten die Japaner sogar dem katholischen Glauben bei.
Dass aber die Mission nicht vom Erfolg gekrönt war, kann man dem historischen Kontext entnehmen, denn der Roman basiert auf geschichtlichen Tatsachen. Während der langen Abwesenheit haben sich die Verhältnisse in Japan geändert und die Reise zerstört die Welt des Samurai und sein Leben gerät erneut in Gefahr.
Shusaku Endo (1923-1996) studierte französische Literatur in Japan und katholische Literatur in Frankreich. Seine Werke drehen sich oft um die Christenverfolgung in Japan. Er gilt als einer der bedeutendsten Schriftsteller Japans und erhielt u. a. den „Akutagawa-Preis“, den bedeutendsten japanischen Literaturpreis. Sein bekanntestes Werk „Schweigen“ wurde von Martin Scorsese mit u.a. Liam Neeson verfilmt und kommt 2017 bei uns in die Kinos.
„Samurai“ ist ein schön geschriebener, ruhiger Roman, der uns eine historisch belegte Begegnung des Abendlandes mit Japan schildert.
Hört sich interessant an – meinen Dank für den Hinweis! Ich mag solche Kultur-trifft-auf-Kultur-Geschichten sehr gerne. Da muss ich doch heut Abend gleich mal wieder „The Mission“ mit de Niro und Irons einschieben 🙂