Die Wolfsspinne ist eine Tarantel, die bis auf wenige Ausnahmen nicht durch Fangnetze ihre Beute jagt, sondern dieser auflauert. So wurde die Spinne der Codename der damaligen Ermittlungen, die in dem neuen Fall von Vincent Veih eine Rolle spielen. Ein Roman, der aufgrund des aktuellen Bezugs nicht nur durch die spannende Handlung für Gänsehaut sorgt. Die Thriller von Horst Eckert sind stets sehr gut recherchiert und sehr packend und gut geschrieben. Horst Eckert ist erst spät zum Schreiben gekommen, gehört aber mittlerweile zu den wichtigsten Vertretern der Spannungsliteratur in Deutschland. Er sieht den Kriminalroman auch als eine Kunstform der Literatur, die die realen Tiefen und Beweggründe einer Gesellschaft aufzuzeigen vermag. (Siehe Lesung „Schattenboxer“ am 28.04.2015 in der Buchhandlung Almut Schmidt)
Nach „Schwarzlicht“ und „Schattenboxer“ ist „Wolfsspinne“ der dritte Roman der Vincent-Veih-Reihe. Der Prolog deutet auf die sogenannten „Dönermorde“ hin. Die Handlung ist rein fiktiv, doch erkennt man viele der geschilderten Ereignisse und Protagonisten wieder und der Roman bekommt dadurch einen schaurigen Bezug zur Realität.
Die Handlung beginnt 2011 in Eisenach. Eine Bank wird von zwei maskierten Männern überfallen, die mit Fahrrädern entkommen können. Sie fliehen zu einem Wohnwagen, in dem der dritte Mann, der Fahrer, auf sie wartet. Zwei dieser NSU-Mitglieder werden tot in diesem Wohnwagen aufgefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin und vom dritten Mann wussten nur wenige…
In Düsseldorf wird im Jahr 2015 eine Restaurantbetreiberin brutal erschlagen und vergewaltigt. Sie lebte in Trennung und ihr edles Restaurant machte zwar guten Umsatz, aber keine Gewinne mehr. Um den Stress und die vielen Arbeitsstunden zu bewältigen, konsumierte sie Crystal Meth, das sie laut Aussage einer ihrer Mitarbeiter auch an diese vertrieben haben soll. Der erste Verdacht führt zu ihrem ehemaligen Küchenchef, dem sie vor kurzem kündigen musste. Vincent Veih, der an diesem Fall ermittelt, hat selbst gerade einige Probleme zu bewältigen. Er hat an einer Demonstration gegen den Aufmarsch von Neonazis teilgenommen und wurde von einem Nazi angegriffen. Als er sich wehrte, wurde er von zwei Polizisten als Unruhestifter festgenommen und später in der Presse als pöbelnder und untragbarer Hauptkommissar hingestellt. Dies zieht weitere Kreise, da seine Mutter ehemals eine RAF-Anhängerin war und sein eigener Lebensweg von einem Punk zum Polizisten verlief. Sein Großvater war ebenfalls Polizist, aber ein treuer Nazi, der sich schlimmer Verbrechen schuldig gemacht hatte. Vincent hat kein Verständnis für Rassismus und gerade die aufkommenden Strömungen lassen ihn erschauern, daher war es für ihn natürlich, sein Recht auf Demonstration wahrzunehmen und seinen Unmut gegen die aktuelle politische Stimmung, die die gruselige Rhetorik der Vergangenheit annimmt, zu äußern.
Es wird in alle Richtungen wegen des Mordes an der Promiwirtin ermittelt. Die Spur führt aufgrund des Crystal Meth auch in das Drogenmilieu. Ronny Vogt arbeitet für das LKA als verdeckter Ermittler in der Drogenszene. Er arbeitet in Imbissketten, die nicht ganz legal wirtschaften. Er war bereits im Untergrund für den Thüringer Verfassungsschutz tätig und hatte 2011 den Nationalsozialistischen Untergrund ( NSU ) infiltriert und beobachtet. Der Kreis zieht sich zu den damaligen Überfällen und er weiß, was damals wirklich passiert ist. Aber er muss über die Vergangenheit schweigen, damit nichts über die Ereignisse unter dem Codenamen „Wolfsspinne“ bekannt wird.
Der Roman ist vielschichtig und populär. Es geht um Drogenmafia, Investmentmanagement, den damaligen Nazi-Terror und die aktuellen Pegida-Bewegungen. Horst Eckert ist Politikwissenschaftler, Autor und Journalist und daher sind seine Romane auch aktuelle Spiegelungen und Mahnungen. Seine Dramaturgie ist großartig und die Dialoge sind nicht Füllmaterial, sondern heben den spannenden Lesefluss. Es werden durch das Buch, das eine erdachte Geschichte erzählt, die damaligen Verstrickungen des NSU-Skandals beleuchtet. Ein komplexer Krimi, in dem es viel zu entdecken gibt.