Walter Hönigsberger: „Clos Gethseman“

Walter Hönigsberger Clos Gethseman Osburg

Die kleine Geschichte und das große Abenteuer des Weines. Wein ist das Getränk, so sagt man, der Götter. Ein guter Wein ist kein einfaches Getränk, es kann, richtig genossen, den Eindruck des Anbaugebiets vermitteln. Der Wein trägt in sich die Reife der umliegenden Natur und transportiert nicht nur einen erinnerungswürdigen Geschmack, sondern jeder Wein erzählt beim Trinken seine eigene Geschichte. Es ist belegt, das der Weinanbau bereits tausend Jahre vor Christi betrieben wurde und somit viel zu erzählen hat. Ebenso verhält es sich mit diesem Roman. Ein Abenteuer- Schelmenroman, der sehr anspruchsvoll unterhält.

Karl Breitenstein gerät in ein Weltkuddelmuddel. Er reist durch die Welt und wird in jahrhundertalte Verschwörungen hineingerissen. Karl, ein Weinliebhaber und –kenner, hört von einem Jakob Jünger, der einen ganz besonderen Tropfen keltert. Er sucht dieses Phantom und trifft auf einen sehr alten Mann, der hoch in den Bergen seinen geheimnisvollen Wein anbaut. Seine Kunden sind Freunde und Menschen, die in der Welt etwas erreicht haben. Liegt es an den jeweiligen Menschen oder an dem guten Wein, der diesen Weintrinkern den gewissen Geist einflößt? Seine Weine tragen lediglich Nummern und die höchste ist nur einem ganz kleinen Kreis und einer passenden Situation vorbehalten.

Marion Drygalski ist als Journalistin einem dreisten Reben-Raub hinterher. Bei ihrer Recherche lernt sie einen mysteriösen Weinhändler Gaston Mugeaux kennen. Er lagert sehr alte und wertvolle Weine, die er seinen betuchten Kunden verkauft. Sein Spezialgebiet ist die Suche nach versunkenem Wein. Das im wahrsten Sinne des Wortes. Er sucht in den Weltmeeren, besonders im Atlantik nach versunkenen Schiffen, die Weine transportiert hatten. Sogar mit Cousteau ist er bereits getaucht.

In Georgien lebt eine kaukasische Weinbauernfamilie mit einem Urgroßvater und dessen Sohn, die beide über hundert Jahre alt sind. In dieser Region laufen viele Mythen zusammen: Das goldene Vlies, die Arche und Dionysos. Der Urgroßvater, der Tolstoi noch persönlich kannte, ist der Hüter der Geburtsgrotte des Dionysos. Ihr Wein, den sie dort anbauen, soll eine lebensverlängernde Wirkung haben. Die nachfolgende Generation will die Landschaft touristisch vermarkten und den Wein in größerem Umfang vertreiben und lockt somit weitere Interessenten an, die nicht nur gutes im Schilde führen. Alle Weinfunde drehen sich irgendwie um die legendenumwobene Weinlage mit dem Namen „Clos Gethseman“, die am Ende des 19. Jahrhunderts von der Phylloxera vastatrix, der Reblaus, nahezu vollständig vernichtet wurde.

Die Handlungsstränge sind verschlungen und treffen sich doch stets wieder. So ist es nicht verwunderlich, dass jener tiefseetauchende Weinhändler Mugeaux auch eine Vergangenheit im Kaukasus hat. Die Frau wiederum, die mit Karl aus dem kleinen Bergdorf flieht, ist ebenfalls mit dieser Geschichte verbunden. Alle sind hinter den Restbeständen und Pflanzen der Clos Gethseman her: unsere Helden, die Mafia, der Vatikan, die Habsburger und die Familien Rothschild und Rockefeller.

Diese realhistorische Grundlage macht diesen fiktiven Weinroman sehr lesenswert. Der Text baut einen Spannungsbogen auf, der pointenreich endet. Walter Hönigsberger ist ein feiner Roman gelungen, der sehr gut ausgewogen ist. Der Inhalt ist unterhaltsam und hat eine gehörige Tiefe. Unsere kulturelle Entwicklung, die eventuell ohne den Wein eine ganz andere gewesen wäre, ist das Credo dieses Buches, dem auch das Zitat von Ernst Jünger vorweg gestellt ist: „Der Wein hat Europa stärker verändert als das Schwert.“ Ferner versteht es Hönigsberger gekonnt diverse Quellen einzubinden. Man findet Bob Dylan neben Wolf von Niebelschütz, Briefe von Marx, Nietzsche und eine fast biblische Offenbarung.

Der ganze Roman ist packend und sprachlich toll erzählt. Das Buch handelt vom Wein und ist gleich einem guten zu genießen.

Kaufen Sie bei uns

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Erlesenes

Eine Antwort zu “Walter Hönigsberger: „Clos Gethseman“

  1. Pingback: Walter Hönigsberger: „Polly Polydeukes“ | leseschatz

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s