Mathias Menegoz: „Karpathia“

Mathias Menegoz Karpathia Frankfurter Verlagsanstallt (1)

Ein Roman, der durch den Titel und die Gestaltung an einen Schauerroman erinnert. So liegt der Handlungsort in jenen nebligen Wäldern, dunklen Seen- und rauen Felsenlandschaften, die bereits die Phantasie von Bram Stoker beeinflusst hatten. Der Debütroman von Mathias Menegoz ist ein fesselnder, begeisternder Roman, der sich an dem Walachenaufstand orientiert und mit dem Blick in das Vergangene, wie jeder gute historische Roman, das Gegenwärtige beleuchtet.

Die Revolutionen breiteten sich 1830 und 1831 in ganz Europa aus und zum Novemberanfang des Jahres 1833 beginnt diese Geschichte. Der Graf Alexander Korvanyi hat vor kurzem die junge Charlotte-Amélie von Amprecht, kurz Cara genannt, kennengelernt. Die beiden verbindet eine sich zart anbahnende Liebe. in dem Wiener Kaffeehaus Steidl wird er, der als Oberleutnant sein Regiment in der Nähe befehligt, Zeuge von beleidigenden Worten gegenüber seiner Geliebten. Alexander, der durch sein Weltbild und seine Ausbildung sehr ehrenhaft und militärtreu geprägt ist, fordert zum Duell. Bevor es zu jenem Schusswechsel kommt, verlobt er sich mit Cara, die er nach dem gewonnenen Zweikampf auch ehelicht. Alexanders Familie hat vor vielen Jahren ihren Stammsitz in Siebenbürgen verlassen. Da Cara seinen Beruf nicht dulden mag, verlässt Alexander die Armee und plant mit seiner jungen Frau einen Neuanfang auf jenem Anwesen seiner Familie in den Karpaten, mitten in Transsilvanien. Der Sitz der Familie ist eine Burg mit großen Ländereien, die lange keiner mehr gesehen, d.h. besichtigt hatte. Doch verspricht sich das Paar ein wohlhabendes Leben und reist kurz nach der Hochzeit aus Wien ab. Die beschwerliche Reise verläuft per Schiff und Kutsche und bietet wenig Komfort. Je näher sie dem Ziel kommen, desto veränderter finden sie das Leben vor im Vergleich zu dem Leben, das sie bisher gekannt haben. Arme Dörfer und schwerlich zu bewirtschaftende Felder bilden die Kulisse ihrer Anreise. Als sie und ihre Dienerschaft die Burg erreichen, wird hier bereits der ganze kommende Konflikt deutlich. Die Burg hat einen dunklen und einen hellen, bewohnbaren Teil. Vieles hat der Verwalter zum Ärger von Alexander verkommen lassen.

Es ist eine Ankunft in einer fast noch mittelalterlichen Welt. Die Felder, Wälder und Dörfer werden bestellt, genutzt und belebt von Menschen, die als Leibeigene den Feudalherren unterstellt sind. Es sind drei Gesellschaftsgruppen, die dort leben: die Magyaren, sächsische Siedler und die Walachen. Zwischen diesen Menschen brodelt stets Misstrauen, wenn nicht sogar Hass. Alle führen innere und äußere Konflikte auf einer blutgetränkten Erde.

Alexander und Cara beziehen ihre Burg und handeln oft fast schon naiv und blind den umliegenden Menschen und Bedürfnissen gegenüber. Alexander als Herr der Menschen und Ländereien besteht auch stets auf seinen Titel und seinen Machtanspruch. Cara, die eine junge Emanzipation in sich spürt, steht ihrem Mann anfänglich zur Seite. Das ganze Land und besonders das Anwesen sollen wieder im alten Glanz erstrahlen. Alexanders Machtanspruch macht ihn immer unnahbarer, verschlossener und herrischer. Als zur Feldarbeit noch Zigeuner die Ländereien als Lohndiener aufsuchen, spitzt sich die Situation immer mehr zu. Als Kinder verschwinden oder sogar zu Schaden kommen und Wölfe innerhalb der verwaltenden Ländereien gesichtet werden und sogar Schafe gerissen haben, verbreiten sich die Angst und das Misstrauen immer mehr. Cara, die das Jagen liebt, regt zu einem Jagdfest an, um den einfallenden Wölfen Herr zu werden und somit auch sich als Feudalherren der ganzen Bevölkerung vorzustellen. Doch das fragile Gleichgewicht zwischen den Bevölkerungsgruppen gerät immer mehr ins Wanken. Besonders Alexanders Entscheidung, einen jungen Hirten zu verbannen, stachelt den Unmut immer mehr an. Alexander wird das Symbol für die Unterdrückung und die Beziehung zu seinem Verwalter, dem walachischen Popen  und der Bevölkerung wird immer angespannter und der Konflikt verschärft sich immer mehr. So beginnt der blutige und weitere Verlauf der Handlung. Hass und Ausgrenzung waren schon immer der Nährboden von Gewalt. So ist bereits am Anfang des umfassenden Romans stets ein Hauch von Niedergang spürbar, der sich zu einer drohenden Katastrophe zuspitzt. Das Neblige, Unheimliche breitet sich kontinuierlich aus. Das Historische wirkt weit fort, ist aber leider immer noch ein Bestandteil unseres menschlichen Miteinanders.

Der Roman begeistert durch seine Genauigkeit, seinen Blick in die Protagonisten und in die ganze Geschichte. Sprachlich wird hier eine sehr passende Stimmung aufgebaut. Das Werk erinnert an klassische Werke von Leo Tolstoi, Alexandre Dumas oder Thomas Mann. Ein außergewöhnlicher Roman, der leider bisher viel zu wenig Beachtung geschenkt bekommen hat.

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