Kathrin Niemela: „wenn ich asche bin, lerne ich kanji“ Gedichte

Kanji sind japanische Schriftzeichen mit chinesischem Ursprung. Diese Schriftzeichen sind bildreich und setzen sich fast wie ein Mosaik durch unterschiedliche Ursprungsbilder zusammen. So ist auch diese Poesie als eine umfangreiche Komposition zu lesen. Das Sprachbild und der Rhythmus geben dem Inhalt eine Form, die sich beim längeren Betrachten erschließt. Diese Lyrik ist voller kreativer Urgewalt. Wie in den angesprochenen Schriftzeichen ist jeder Strich, jede Silbe und die entsprechende Betonung von Bedeutung. Der Wortklang erklingt beim intensiven Lesen sehr musikalisch.

Das was beim Lesen dieser Poesie sofort ins Auge fällt und sehr begeistert, sind die Wortschöpfungen. Aus üblichen Vokabeln werden wie im Kanji durch den Zusammenschluss neue Begrifflichkeiten erschaffen, die für sich eine ganz eigene Informations- und Emotionsquelle beinhalten. Das Vergängliche wird nicht in Melancholie festgebunden, sondern aus der freigesetzten Energie sprießt Neues empor: „wenn ich asche bin, lerne ich kanji“

Die Texte sind frisch, frei und stets mit literarischen Anspielungen geschmückt. Der Klang verzaubert und schöpft dadurch eigene Bilder, Ideen und Emotionen. Dieser Debütband ist eine kleine Weltreise. Man reist mit der Autorin in einer globalen Welt und streift dabei das moderne Leben und macht kulturelle und gesellschaftliche Beobachtungen, die durch die Gedichte etwas ganz Persönliches bekommen. Auch die Kritik schwingt in den Zeilen mit. Die Vereinsamung und die digitale Glorifizierung werden zum Screenshot des individuellen Lebens. In den fünf Abschnitten des Werkes gerät alles in einen chronologischen Fluss. Das Lesen dieser Lyrik schafft Momente, die unseren Blick schärfen für kleine Betrachtungen und große Gefühle.

Ein Buch, das beflügelt, anstachelt und zumindest für einen Lebensaugenblick ein bereicherndes Vademecum sein kann.

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