«Wäre es möglich, Augenblicke einzufrieren, würde ich diesen in eine Plastikdose legen. Dann könnte man den Winter über davon zehren.»
Es geht ums Erinnern, ums Vergessen und ums Fremdeln, denn stets taucht das Bild der biologischen Aliens auf: Der Wal, der in London schwamm oder die Bären, die sich metaphorisch bei Anna einrichten.
2006 ist ein rund sechs Meter langer Wal wirklich durch die Themse bis ins Zentrum Londons geschwommen. Experten vermuteten, dass es sich um einen Entenwal handelte. Dies ist das zentrale Bild im Roman. Es sind Fremde wie beispielsweise die Wale, die stranden, in London schwimmen, in fremden Ökosystemen auftauchen oder sogar Gott, der Anna besucht, (- abholt?).
Anna nimmt ihr Umfeld wahr und möchte dies und ihre Erinnerung festhalten. Denn ihr Gedächtnis wird unzuverlässiger. Sie umschreibt und merkt sich alles mit Hilfe von Wortlisten und erfindet Wörter für Dinge, die bisher keinen Namen hatten.
«Wenn die Menschen allmählich ihre Gesichter verloren, die Tage ihre Bezeichnungen und die Räume ihre Möbel, wenn vier Stunden einfach so verschwanden, nahm Anna ihr Notizbuch zur Hand und konzentrierte sich auf die Tatsachen.»
Als alte Frau blickt sie zurück auf ihr Leben, so, wie sie sich daran erinnert, an schöne wie an schreckliche Momente, an die Zeit in Finnland wie auch den Neuanfang mit Thomas in England. Am meisten reist Sie gedanklich zurück in ihr Häuschen auf einer Schäreninsel, wo sie mit ihrer großen Liebe einen Sommer verbracht hatte.
Ein nachdenklicher, fantastischer, zarter und leicht poetischer Roman. Kraftvoll und zugleich märchenhaft geschrieben. Aus dem Finnischen Übersetzt von Stefan Moster.
Die Autorin Selja Ahava, 1974 geboren, studierte Dramaturgie an der Theaterhochschule Helsinki und schrieb Drehbücher für Filme und Fernsehserien sowie Hörbücher, bevor sie mit „Der Tag, an dem ein Wal durch London schwamm“ ihren ersten Roman veröffentlichte. Sie hat fünf Jahre in London verbracht und lebt seit ihrer Rückkehr nach Finnland mit ihrer Familie in Porvoo.
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Hallo – bin gerade über „Die Sonntagsleserin“ hier gelandet. Schöner Blog, informative Rezis zu interessanten Büchern – hier werde ich sicherlich hin und wieder mal vorbeischauen :-). LG
Danke für die nette Rückmeldung! Wir freuen uns sehr!
Oh, das hört sich sehr gut an… das steht demnächst an!
Das klingt wahrlich nach einem Roman für mich. Danke für die einfühlsame Rezension. =) Vlg Steffi
Hallo Steffi, vielen Dank für Deine netten Worte. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Lesen… Herzliche Grüße, Hauke
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