Ein Roman über die Frauen, die dem Aufruf des isländischen Bauernverbandes folgten, um kurzweilig oder für immer in Island auf den Höfen zu arbeiten. Junge Frauen, die in Deutschland nach dem Krieg keine Zukunft sahen. Dieser Aufruf wurde 1949 in einer norddeutschen Zeitung abgedruckt. Gesucht wurden u.a. Landarbeiterinnen und zukünftige Frauen für alleinstehende Bauern. Mit der „Esja“, einem Frachtkutter, geht es nach Island. Die Bewegründe für die Ausreise sind meist unterschiedlichster Natur.
Der Roman beginnt auf hoher See. Wir lernen drei Frauen kennen, die ihrer neuen Zukunft auf Island entgegenfahren. Die meisten Frauen haben aber keine Vorstellung von der Insel und deren Begebenheiten. Auf der „Esja“ sind Paula und Johanna, die sich über Christa unterhalten, die anscheinend eine Nazi-Vergangenheit zu haben scheint.
„Sie hatte das Netz ihrer offiziellen Vita bis zum Ankommen in Island so fest und dicht und sicher um sich gespannt, dass sie ihr eigenes Lügengebäude nicht gleich ganz auflösen wollte. Auch Lügengebäude hatten eine Statik und sie musste sorgsam überlegen, an welcher Stelle sie den ersten Balken aus diesem fragilen Bauwerk, das aus Unwahrheiten bestand, entfernen wollte.“
59 Jahre später ist Christa Hendriksson Islands reichste Maklerin, doch die Wirtschaftskrise hat auch die Insel erreicht. Sie erwartet ihre Kinder und ihre Enkel zu Besuch. Es soll ihr 90. Geburtstag gefeiert werden. Als erstes trifft Jón, ihr Enkel ein. Dieser ist Cellist in Deutschland und lebt in Köln. Christa hat zu ihm die engste Verbindung und möchte ihn und ihrer Familie endlich ihre ganze Geschichte erzählen. Sie war eine Lazarettschwester aus Ostpreußen, die in Lübeck einige Jahre auf ihren Verlobten gewartet hatte. Dieser ist vor Island mit einem U-Boot gesunken. Doch zweifelt sie an seinem Tod. Sie hatten sich geschworen, wenn sie sich wieder sehen würden, dann in Lübeck. Als sie sich das Leben nehmen wollte, wird sie von Johanna gerettet, die bereits plant nach Island zu gehen. Sie überzeugt Christa davon ebenfalls mitzukommen. Christa, Johanna und Paula, die Assistentin eines verrückten Zauberers, treffen sich beim isländischen Konsulat.
Christa hatte sich und Gott geschworen, wenn ihr schon alles und besonders die Liebe genommen wurden, möchte sie auch in Zukunft auf diese verzichten, dafür will sie wenigstens eine reiche Frau werden. Im Oktober 2008 feiert nun Christa ihren 90. Geburtstag und ist die reichste Frau Islands. Sie möchte nun endlich vor ihrer Familie reinen Tisch machen und alles erzählen.
Doch was hat Jóhanna, die den Titel „Gräfin vom Gletscher“ trägt, damit zu tun? Ihre Tochter wurde gerade verhaftet und Island gerät in einen Bankencrash und steht vor dem finanziellen Ruin.
Anne Siegel hat sich erneut das Thema jener Auswandererfrauen zu Eigen gemacht. Ihr Buch „Frauen Fische Fjorde“ bildete wohl die Vorlage zu diesem Roman. Sie schreibt bereits an der Fortsetzung von „Nordbräute“.
Ein Roman, der Geschichte und Geschichten erzählt, die fesseln und bewegen. Ein Buch über Flucht, Neuanfang, Heimat und Familie. Besonders die Landschaft Islands macht dieses Buch zu einem Leseerlebnis.
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