Alice Greenway: „Schmale Pfade“

9783866482326 MARE Verlag

Ein tragischer Roman, der von unglücklichen Lebensgeschichten erzählt, aber auch immer das Schöne im Leben und in der Natur aufzeigt.

Es geht um die menschlichen Pfade und um das Aushalten der eigenen Biografie. Niemals klischeebehaftet erzählt Alice Greenway von Verlust, Freundschaft, Krieg und Natur. Es liest sich spannend, ist nie überladen, sondern eher poetisch knapp verfasst. Der literarische Lesefluss ist wohl auch dem nicht ganz unbekannten Übersetzer, Klaus Modick, zu verdanken. Der Text verneigt sich als Küstenroman vor seinen großen Vorbildern, die stets zitiert werden. „Robinson Crusoe“ und besonders „Die Schatzinsel“, dessen wahrer Ort hier gefunden zu sein scheint…

Die Handlung spielt 1973 in Maine. Jim Kennoway, der einsam und zurückgezogen in seinem Strandhaus auf einer kleinen Insel lebt, versteckt sich vor den Geistern seiner Vergangenheit. Er erscheint uns, dem Leser, als eine Verkörperung von Long John Silver oder als Walt Kowalski (gespielt von Clint Eastwood) aus „Gran Torino“. Er ist ein wortkarger, verbitterter alter Mann, der gleich einem Piraten nur noch ein Bein hat, aber eine Prothese ablehnt.

Er findet seine innere Ruhe in der Natur. Er war einst ein angesehener Ornithologe. Das Museum, für das er tätig war, möchte über ihn schreiben und recherchiert in seiner Vergangenheit. Ebenfalls erinnert sich Jim an die verdrängten Schrecken, die er im Krieg erlebt hat. Seine Geschichte erwacht in ihm und löst alle Emotionen in ihm erneut wach. Der Auslöser ist ein vorerst nicht ganz willkommener Gast. Nach seinen ganzen Schicksalsschlägen hat sich Jim in die Einsamkeit einer Insel zurückgezogen und wird nun von der Tochter von Tosca Baketi, seinem damaligen Scout und Freundes während des Pazifikkrieges 1943, aufgesucht. Cadillac Baketi, die junge Salomonerin, soll im Herbst ihr Medizinstudium in Yale beginnen. Um sich vorher etwas einzuleben, hat ihr Vater sie zu Jim eingeladen.

Durch ihre Anwesenheit beginnt Jim sich zu erinnern. Etwas vor dem er mit Hilfe von Alkohol fliehen wollte. Er möchte nicht an den Krieg erinnert werden. Er will diese Vergangenheit und seine grausamen Bilder und Taten vergessen und am liebsten ertränken. Auch schmerzt ihn die Erinnerung an seine Frau, seine große Liebe.
Cadillac scheint im letzten und richtigen Moment in sein Leben getreten zu sein, damit er sich erinnert und mit den düsteren Kapiteln seiner Biografie abschließen kann…

Ein Roman wie eine kleine literarische Wucht. Ein emotionaler literarischer Leseschatz, der gespiekt ist mit Zitaten, Anspielungen und Verweisen auf Hemingway, Defoe und natürlich Stevenson.

Niemals verfällt der Text ins Belanglose, Überflüssige oder in kitschige Klischees. Die Charaktere und die Landschaften treten bildhaft hervor. Am detailliertesten wurde Jim Kennoway ausgearbeitet und lässt die anderen Figuren etwas verschwinden. Es ist aber seine Geschichte und somit darf er auch am stärksten in Erscheinung treten. Er ist ein nicht sehr sympathischer Romanheld, der aber länger im Leser lebendig bleiben wird.

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3 Antworten zu “Alice Greenway: „Schmale Pfade“

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