
Wenn aus einer Heldin eine Heldin wird. Eine Biographie, die von einem Rückweg erzählt und somit eine andere Sicht auf eine Rock-Pop Heldin wirft. Es ist nicht die Geschichte vom Durchbruch einer erfolgreichen Band, sondern der sensible und ehrlich erzählte Weg nach dem Erfolg. Ein Blick auf das Danach und dem sich Neufinden und Erfinden. Ein ganz ehrliches Buch voller Träume, das nicht nur für Heldenverehrer lesenswert ist.
Judith Holofernes Buch beginnt am Ende der Helden-Jahre. Sie ist die Frontfrau einer Band, die sich aber immer als Einheit gesehen hat und niemals den Ausverkauf ihrer Musik in den Vordergrund gestellt hat, sondern ihre Kunst und die daraus resultierende Aussage, Emotion oder Unterhaltung. Durch Glück, Zufall und die richtigen Worte und Entscheidungen waren Wir sind Helden Wegbereiter von vielen Bands, wie u.a. Silbermond. Doch was macht der Erfolg mit jungen Menschen? Menschen, die sich als Freunde vereinen und ganz große Erfolge feiern dürfen? Sie, die Sängerin, Texterin verliebt sich in den Schlagzeuger, Pola, und sie werden eine Familie mit zwei Kindern. Das Popstar- und Familienleben im Alltag wird für beide zur Belastungsprobe. Das Leben der Band ist durch Plattenaufnahmen, Interviews und ausgiebige Tourneen geprägt. Dabei wird deutlich, dass der Tour-Tross für die Kinder fast unmöglich ist und Judith Holofernes den Spagat auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit vollzieht. Dort beginnt ihr Bericht, als ihr Körper Alarmsignale sendet, sie aber weiterhin auf der Bühne alles geben will, denn ein Publikum, das sich Sorgen um die Sängerin macht, kann nicht feiern. So entscheiden sich die Helden für ein Ende. Ein Ende, das als Pause tituliert, schleichend die Helden von der gemeinsamen Bühne entlässt.
Judith Holofernes beginnt, sich an den neuen Alltag zu gewöhnen, sie lernt wieder ein Körpergefühl zu entwickeln, in dem sie sich wohl fühlt. Gleich dem Song „Bring mich nachhause“, lernt sie sich und ihre Familie neu zu finden. Sie muss Kraft finden und schöpfen für Neues. Durch die Auszeit und die Literatur beginnt Judith Holofernes wieder festen Grund im Leben zu spüren. Sie beginnt zu schreiben, Lyrik, neue Songs und sie macht Übersetzungen. Sie betrachtet dabei die Musikindustrie, in der Musiker und ihre Kreationen zu Produkten deklariert werden. Sie macht es nun in dezenter Entschleunigung und etwas selbstbestimmter als zur Heldenzeit.
Das Buch fesselt und macht neugierig auf den Werdegang der Künstlerin. Ein lesenswertes und stets authentisches Werk. Der Text bewegt und macht auf eine positive Weise sehr nachdenklich. Ein Blick auf den Rückweg aus dem Erfolg. Eine Betrachtung der Krisen, Träume und der Zurückeroberung der Kunst. Judith Holofernes hat das Popmärchen beendet und sucht den Weg, das Magische im echten Leben zu integrieren. Eine Künstlerbiographie, die über ganz andere Seiten des Erfolgs schreibt und somit eine wahre und schöne Leseüberraschung ist.
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