
Die Bücher von Le Guin sind visionäre Werke, die Gesellschaftliches und Politisches durch die räumliche und zeitliche Distanz betrachten. Ihre Texte sind oft eine Metapher des Gegenwärtigen in Bezug auf ein „Was wäre wenn?“. Das Geschehen des Moments während des Schreibprozesses in die Ferne katapultiert. Le Guin hat mit James Tiptree Jr. die feministische Weltsicht in der Science-Fiction fixiert. James Tiptree Jr. ist das männliche Pseudonym von Alice B. Sheldon und wird noch im Leseschatz behandelt werden. Science-Fiction ist demnach keine Flucht aus der Welt, wie die meisten Fantasy-Romane, sondern greifen Trends und Phänomene aus dem Hier und Jetzt auf. Dabei muss Science-Fiction nicht prognostisch sein, kann aber zum gegenwärtigen Verständnis hilfreich sein.
Ursula Kroeber Le Guin wurde am 21. Oktober 1929 in Kalifornien geboren und starb 2018 in Portland, Oregon. Bekannt ist sie vor allem durch die Science-Fiction-Romane des Hainish-Zyklus. Dieser Zyklus aus Romanen und Kurzgeschichten spielt in einem alternativen Universum mit dem Zentralplaneten Hain. Die Bewohner sind mehr oder weniger verwandt. Einige weisen genetische Merkmale auf, die auf genetische Experimente hinweisen. So werden zum Beispiel, die androgynen Bewohner des Planeten Winter, d.h. Gethen, nur einmal pro Monat sexuell aktiv und bilden lediglich hierfür die Geschlechtsorgane aus.
Ursula K. Le Guin wird vielen durch den Fantasy-Zyklus „Erdsee“ bekannt sein. Doch sind ihre Science-Fiction-Romane und -Kurzgeschichten tiefgründiger und weitblickender. Dies beweist die Neuübersetzung von „Die linke Hand der Dunkelheit“. Neu übersetzt von Karen Nölle. Hier trifft ein Abgesandter auf eine androgyne Menschheit, um diese für den Beitritt in den Weltenverbund zu überzeugen. Der Planet ist Gethen, der Winterplanet, der beständig mit Eis bedeckt ist. Die politische Lage ist aufgespalten. Zwischen der Monarchie Karhide und deren Nachbarland Orgoreyn, einem Überwachungsstaat, existieren enorme Spannungen. Der terranische Abgesandte, Genly Ai, hat einen wichtigen Ansprechpartner, den Premierminister Estraven, der aber in Folge des Hochverrats beschuldigt wird. Genly verliert vorerst seinen Verbündeten und muss sich entscheiden, wo seine Prioritäten und seine Loyalität liegen.
Dieser Roman aus dem Jahr 1969 ist sehr aktuell und bietet nebenbei eine spannende, literarische Abenteuer-Geschichte. Es ist eine Freude, diese Werke neuentdecken zu dürfen.
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