Deborah Levy: „Heiße Milch“

Deborah Levy Heiße Milch Kipenheuer & Witsch Kiwi

Deborah Levy taucht mit ihrem neuen Buch erneut tief ein in die Psyche ihrer Protagonisten. Es geht um eine ungesunde Mutter-Tochter-Beziehung. Die Tochter musste bereits in jungen Jahren Verantwortung für ihre Mutter übernehmen und definiert sich durch die Krankheit der Mutter. Sie hat noch keine Ahnung, wo sie selbst im Leben steht oder was sie vom Leben erwarten darf.

Deborah Levy schreibt erneut über Bindungen und Brüche im Leben ihrer Helden. Dass sie psychologisch faszinierende Geschichten erzählen kann, hat sie bereits in ihren Werken „Black Vodka“ und „Heim schwimmen“ bewiesen. Für „Heiße Milch“ wurde sie bereits mehrfach ausgezeichnet. Nun liegt die deutsche Übersetzung vor und lädt uns Leser ein, sich mit der Enge der Mutter-Tochter Beziehung und der Sehnsucht nach Freiheit und Weite auseinanderzusetzen. Heiße Milch als Bild der Geborgenheit, der mütterlichen Wärme und dem alten Hausmittel bei zum Beispiel Schlafstörungen. Doch die Befreiung der Tochter, das Freischwimmen birgt in sich seine eigenen Gefahren. Lauern in jedem Leben Seeungeheuer, wenn man sich zu weit raus wagt? Auch im flachen Gewässer kann ein Medusenbiß schmerzhaft sein. So ist auch die Handlung des Romans gleich einer Berührung mit einer Feuerqualle und heftet sich mit fast unsichtbaren Fängen am Leser fest und brennt sich regelrecht ein.

Sofia begleitet ihre Mutter Rose nach Andalusien in Spanien. Rose leidet unter einer unbekannten Krankheit, die sie meist an den Rollstuhl fesselt. Mutter und Tochter möchten endlich Klarheit über jene Krankheit erfahren. Sofia, die sich bereits als Kind immer um die Mutter kümmern musste, da ihr griechischer Vater die Familie schon vor Jahren verlassen hatte, möchte ergründen, warum die Mutter mal nicht gehen kann, ihre Beine anscheinend nicht spürt und doch ab und zu laufen kann und sogar eine Fliege auf ihren Beinen zu spüren scheint. Will Rose lediglich Aufmerksamkeit bzw. Sofia durch ihre hypochondrische Erkrankung egoistisch an sich binden? Oder leidet Rose tatsächlich an einer bisher nicht diagnostizierten Erkrankung?

Sie besuchen die teure Klinik von Dr. Gomez, bei dem sich Rose in Behandlung begibt. Dieser wirkt mehr interessiert an den Menschen hinter der Krankheit und die Therapie wirkt bereits auf den ersten Blick fragwürdig. Auch die Tochter des Arztes, die als „Sonnenschein“ in der Praxis mitwirkt, verbirgt ihre eigenen Probleme. Sofia, die immer größere Schritte zur Abnabelung macht, nutzt die Zeit, die ihre Mutter in der Klinik verbringt, am Strand und lernt durch einen schmerzhaften Kontakt mit Quallen den Strandwächter kennen. Als sie dann auch noch die deutsche Ingrid trifft und sich eine neue Abhängigkeit in ihrer Seele bildet, muß Sofia sich selbst erkennen und ihrer eigene Identität erkunden. Endlich lernt sie, eigene Entscheidungen zu treffen und es kommt zu überfälligen Lösungen, Abnabelung – wenn nicht sogar zur Amputation…

Ein Roman über die Strategie, um Liebe und Aufmerksamkeit zu erlangen. Was passiert, wenn der Trost der Eltern in jungen Jahren ausbleibt und man sich als Kind in der kümmernden Rolle wiederfindet? Schillernde Ärzte, leidenschaftliche Freunde und falsche Familien treffen sich vor mediterraner Kulisse. Sie müssen sich selbst finden und lernen, einander zu vertrauen und sich doch auch von einander lösen zu können.

Zum Buch / Shop

Ein Kommentar

Eingeordnet unter Erlesenes

Eine Antwort zu “Deborah Levy: „Heiße Milch“

  1. Das Buch steht auch noch auf meiner Leseliste. Mich interessiert tatsächlich das Setting fast mehr als die Story. Ich bin gespannt 😉
    Mareike

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s