Caroline Schmitt: „Liebewesen“

Dass es sich bei „Liebewesen“ um keinen üblichen Liebes- und Beziehungsroman handelt, macht die Umschlaggestaltung sehr deutlich. Ein Debütroman über eine schwierige Beziehung. Dabei werden Sätze in einem erfrischenden Sarkasmus formuliert und leichtgängig werden hierbei komplexe Themen ehrlich und empathisch behandelt. Das, was dem Buch Tiefe verleiht, wird oft nur kurz eingeworfen und lässt das Interesse am Handlungsverlauf explosionsartig steigen, während die Charaktere dabei implodieren und mit dem Leben, der Liebe und der Sexualität überfordert sind.

In diesem Roman haben die Hauptcharaktere Probleme, im Leben anzukommen. Sie sind alle angeschlagen. Dies ist im Roman keine Überlastung oder sehr große Überspitzung, sondern stellt ein Bild der gesellschaftlichen Gegenwart dar. Leicht, zuweilen witzig und böse verwandelt sich der Inhalt vom klischeebefreienden Liebesroman zu einem Text über innig gärende Traumata.

Die Erzählerin ist Lio. Sie wohnt mit ihrer besten Freundin in einer Wohngemeinschaft und arbeitet als Biologin. Sie forscht an der Möglichkeit des biologischen Anbaus in fremder Umgebung, zum Beispiel im All. Dies trifft auch auf ihr Leben zu, denn sie fremdelt in ihrer Umgebung und kann sich niemandem gänzlich öffnen. Sie mag sich selbst nicht und hasst sogar ihren Körper. Sex ist für sie etwas zu ertragendes und kein Beziehungshöhepunkt. Dies geht auf ihr erstes Sexerlebnis zurück, das sie bisher nicht verarbeiten konnte. Ihr Bericht springt auch zu ihrer Kindheit und das Bild ihres Elternhauses verdichtet sich, in dem sie keine mütterliche Geborgenheit erleben konnte.

Durch alberne Späße, die sie und ihre Freundin mit einer Dating-App machen, lernt Lio Max kennen. Max ist die morgendliche Stimme eines Radiosenders. Während seiner Beiträge ist er stets der gutgelaunte Morgenmensch. Nur Lio lernt auch seine dunklen, depressiven Seiten kennen, in denen er sich verkriecht. Die beiden wachsen zusammen und doch geht das Gemeinsame oft, durch Unverständnis und Kommunikationprobleme, aneinander vorbei. Beide versuchen beständig, die Beziehung, trotz unterschiedlicher Sichtweisen, aufrechtzuerhalten. Auch wenn es wehtut. Als Lio ungewollt schwanger wird, spitzt sich die Situation zu. Sie traut sich nicht mit Max über die Schwangerschaft zu reden. Dies und ihrer Erinnerungen drohen sie zu zerbrechen.

Pointiert und klug wird hier die Kompliziertheit des Lebens und der Liebe beschrieben. Das Buch behandelt eine Sprachlosigkeit, die durch diesen Text benannt wird und Gehör bekommt. Der Roman ist ein radikaler und ehrlicher Befreiungsschlag.

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