Markus Orths: „Picknick im Dunkeln“

Markus Orths Picknick im Dunkeln Hanser

„Picknick im Dunkeln“ ist ein kluger Spaß! Was passiert, wenn einer der größten Denker des Mittelalters die circa siebenhundert Jahre nach ihm mental erfassen soll? Wie man diese Brücke schlägt, kann eigentlich nur mit Witz und Humor erklärt werden. Wer böte sich da nicht besser an als ein berühmter Film- und Bühnenkomiker. So tippeln wir Leser vorerst mit im Dunkeln und mit dem Licht kommt die wichtigste Aussage: „Vergiss das Lachen nicht“.

Markus Orths unterhält mit seinen Werken stets auf großartige Weise. Er studierte Philosophie und schreibt neben seinen Romanen auch Kinderbücher. Er ist auch niemals nur einem Genre treu. Zuletzt war sein Künstlerroman „Max“ erschienen. Auch hat er zusammen mit Michael Stavarič und Marlen Schachinger eine literarische Version des Requiems geschrieben. Sein neuer Roman lässt sich wohl am ehesten mit seinem großartigen Werk „Alpha & Omega“ vergleichen.

„Picknick im Dunkeln“ ist ein Zweimannstück, ein Kammerspiel im Dunkeln, das es auch als Bühnenbearbeitung  gibt. In absoluter, alles verschlingender Dunkelheit ist plötzlich Stanley. Eher bekannt als Stan Laurel, der ein britischer Filmkomiker, Drehbuchautor, Regisseur und Produzent ist – oder muss man nun sagen war? Ist er im Tunnel, der zum Licht führt? Ist er verstorben und im Zwischenreich? Sein erster Impuls ist, auch seinen lieben Kollegen um Hilfe zu rufen. Oliver Hardy ist vor kurzem verstorben und Stanley hofft innigst, sein Freund möge ihm nun beistehen. Auch wenn dieser wieder leicht genervt fragen würde, in welch einen Schlamassel er sie diesmal wieder gebracht hätte. Stanley tastet seine Umgebung ab, ja es scheint tatsächlich ein Tunnel zu sein. Der Drang sich fortzubewegen ist groß. Somit wagt er sich erst vorsichtig, dann immer etwas mutiger vor. Dabei beginnt die Reflexion auf sein Leben, seine Leidenschaft für die Bühne und den Film. Aber was bedeutet dies alles noch hier, in diesem wohl metaphysischen Raum? Seine stets anhaltende Freude, Menschen zum Lachen zu bringen steht auch neben seinen traurigen Erlebnissen auf den Weg zum Erfolg und später als Filmstar. Während er nun in der Dunkelheit vorwärts geht, stolpert er plötzlich über etwas. Es ist ein stämmiger Mensch, der sich ebenfalls in der neuen Umgebung zurechtfinden muss. Stanley ist überrascht, dass sein neuer Weggefährte ihn nicht kennt, als er sich vorstellt. Aber wie sollte dieser auch? Hat er ja, wie sich nun herausstellt, ungefähr siebenhundert Jahre vor Stanley gelebt. Es ist Thomas von Aquin, ein italienischer Dominikaner und einer der einflussreichsten Philosophen des Mittelalters. Raum und Zeit scheinen sich aufgelöst zu haben oder hier keine Bedeutung zu haben. Warum gerade diese beiden Herren aufeinanderstoßen ist eines der Rätsel, die diese nun während ihres Vorwärtstastens zu lösen versuchen. Sie erörtern ihren Hierseins-Grund, ihre Religiosität, die Geschichte der Philosophie und viele weitere Fragen des Lebens. Stanley empfindet sich als relativ ungebildet und möchte eigentlich lieber über sich und die Filme sprechen.

Das Gespräch der beiden ist unglaublich komisch, aber zugleich auch ernst. Ihr Weg nach oben, oder nach unten, wird durch Gegenstände, Löcher oder ein abruptes Ende aufgehalten. Ist es eine Geschichte ohne Anfang und Ende? Doch geben die Herren nicht auf, sie gehen weiter oder zurück. Durch die Unterhaltung  erörtern sie oft mit trockenem Humor die existentiellen Dinge im Leben. Zum Beispiel: Ist alles Dualität, kennt die Wahrheit tatsächlich keinen Plural? Und was ist mit den Grundbedürfnissen? Ist der größte Dämon im Leben die Ablenkung vom Wesentlichen?

Ein launiges Buch über den Sinn und Unsinn, das uns den Ernst, aber auch den Witz des Lebens lehrt. Ein großer Lesespaß!

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